"Weiser Mann" Olli Dallilahmer: Metallgeländermeditation


Oft fehlt uns der Halt im Leben, wir sind wieder einmal enttäuscht worden. Fifi begrüßt Nachbar Theo freudiger als uns selbst, die Frau geht zum Frauenspoort und bleibt nicht zusammen mit uns vor dem Fernseher sitzen, höchsten wenn eine langweilige Tiersendung kommt; der Drucker streikt und es regnet aus trübem Himmel.
Wir glauben, alles habe sich gegen uns verschworen, alles habe uns verlassen, niemand sei mehr bei uns, mit uns, halte uns die Hand, führe uns durch dunkle Tage und helfe uns, nicht am Leben zu verzweifeln. Auf Mensch und Tier ist kein Verlass, sogar Maschinen, diese gefühllosen Helfer im Alltag, versagen ihren Dienst.
Da ist es gut, zu wissen, wie wir uns selber helfen können:
Metallstangen können uns helfen in Momenten der Ohnmacht, Halt zu geben. In guten Tagen haben wir sie verächtlich als aalglatt, eiskalt und hart eingestuft, in den schlechten werden sie zu guten Freunden. Sie sind an vielen Stellen zu finden, in öffentlichen Gebäuden und an U-Bahnstationen etwa. Legen wir beide Hände fest um die Stangen und spüren wir den Stangen nach. Was wollen und was können sie uns mitteilen? Geben? Lehnen wir uns nach hinten, sorgen sie dafür, dass wir nicht umkippen, beugen wir uns nach vorn, verhindern sie, dass wir, symbolisch gesehen, die gesellschaftliche Kellertreppe hinunterfallen und uns vielleicht das Jochbein oder einen Arm brechen. Wir bleiben an unserem Platz und wissen endlich, wohin wir gehören. Mit jeder Mínute, die wir verharren, greifend, klammernd, festhaltensd, erfahren wir, dass auch wir geborgen sind im Universum, dass wir dazugehören, egal, wen Fifi fröhlich ankläfft, egal was unsere Frau tut. Auch unser Drucker scheint nur noch ein sinnloses, überflüssiges Ding zu sein, das streiken kann, wann es will. Es interessiert uns nicht. Und wenn wir unsere Hände lösen, dann ist klar: Wir haben uns umsonst gesorgt, wir sind wieder im Rennen, mit uns muss man rechnen!