"Weiser Mann" Olli Dallilahmer: Sei wie der Wassertropfen

Ich habe Rücken, heißt es immer wieder, wenn Menschen auf ihre Unbeweglichkeit angesprochen werden. Der Sichfürweisehaltende, der hinter den Worten sucht, und das Okkulte, das Unentdeckte finden will, bietet gleich Erklärungen an: Der hat kein Rückgrad, die ist halsstarrig, starrsinnig, unbeweglich, unflexibel, verstopft und ein Geizkragen. Alles versteckt im Satz: Ich habe Rücken.
Wir sollten ablassen von Negativem, sollten uns dem Positiven hinwenden, sollten alte Gewohnheiten ablegen und Neues zulassen, damit das Alte ersetzt wird. Das biege ich schon hin, spricht der Rückengeplagte in seinem Alltagsstarrsinn, und glaubt, durch Biegen und Brechen die Probleme zu lösen, die ihm das Leben entgegenstellt. Gefehlt! Biegen und Brechen sind nur Ausdruck und Verlängerung seines Leidens, das die Unentwickeltheit seines Bewusstsein, seines Seins allgemein, widerspiegelt. Sei wie der Tropfen auf dem grünen Blatte, kann der Rat sein, der sein Leben in andere Bahnen lenkt. Sich den Gegebenheiten des Lebens anpassen, nicht starr herumsitzen, nicht durch die Gegend hinken, sondern sich anschmiegen, in die Ritzen und geheimsten Orte des Lebens kriechen, den Makrokosmos entdecken, das Hohle ausfüllen, die Leere in Fülle verwandeln. Der Wassertropfen macht es uns vor. Klein und unbedeutend erscheint er uns, und doch ist er Teil des großen Ozeans, aus dem wir alle stammen, und in dem wir zurückkehren werden. Mit meinem Rücken geht das nicht, ist die Ausrede, die schnell zu Hand ist. Vertane Zeit, wenn du auch nur einen Moment zögerst, den Rat zu befolgen. Aus dem Stand heraus wie der Wassertrofen sein, ohne Anlauf, ohne Vorlauf, ohne ein Morgenfangichan. Sieger sein über unsere Schwächen, denn wer sich selbst bezwingt, ist der Held! Wer wollte denn nicht immer der Held sein? Niemand. In diesem Sinne: Tropfen sein.