Tonnes Tagebuch: Männer auf dem Platz

Liebes Tagebuch!
Gestern schaute ich aus dem Fenster, gegen Viertel vor elf, und blickte, da ich aushäusig war, auf eine Anlage mit 8 Plätzen, von denen einer durch drei weißhaarige, eher übergewichtige Männer und einen Glatzköpfigen mit weißem Schnauzbart belegt war. Eigentlich bestanden war.
Ein kleiner gelber Ball kullerte hin und her und die vier Männer wischten mit einer Art Tennisschläger durch die Luft, möglicherweise war das die Ursache für die Bewegung der kleinen gelben Bälle.
Liebes Tagebuch, ich will dir eigentlich nicht schreiben, dass es sich wirklich um Tennisschläger und Tennisplätze handelte, denn Tennis ist doch ein Bewegungssport.
Was machen vier Männer mit zu viel Speck zu bester Arbeitszeit in Deutschland, dann, wenn sogar die Arbeitslosen Schlange vor dem ARGE-Büro stehen, wenn die Hausfrauen durchsaugen und die Kinder sich in Kindergarten und Schule soziale Kompetenzen erwerben lassen müssen?
Es wirkte lustlos, wie die Männer ihre Körper über den roten Kunststoff schleppten, wie sie an ihren weißen Höschen zupften, weil die am Gürtel spannten, wie sie ihre Frisur mit gespreizten Finger richteten oder mit der flachen Hand den Schweiß von der Glatze wischten.
Ich empfand es als Affront gegen die Arbeitenden, denn ich selbst musste arbeiten.
Wie kann man sich öffentlich einem scheinbar für diese Männer unerquicklichen Vergnügen hingeben, wenn andere arbeiten?
Irgendwer arbeitet doch immer, sogar nachts, hätte ich früher gesagt.
Tennis ist längst ein Volkssport und kann niemanden mehr beeindrucken.
Was aber sollte die Aktion, wenn sie 1. nichts Besonders war und 2.nicht mal Spaß machte?
Ich konnte mich nicht der Erkenntnis erwehren, dass ihr Ziel die Demütigung derer war, die diesen Luxus finanzierten.

Im Gedanken empfahl ich Golf zu spielen, weil der nächste Platz 30 km entfernt lag und noch weniger Bewegung verlangte, als das hier Gebotene.
Oder Polo. Dann wäre mit den Herren der dazugehörige Anblick verschwunden.