Exotisches auch für Vegetarier

Nach einem Afrika-Urlaub oder einer Exkursion in andere exotische Länder, finden sich Vegetarier immer häufiger in den Feinkostabteilungen großer Kaufhäuser, wie etwa dem KaDeWe, um sich das im Urlaub verweigerte Essen einmal von Nahem anzusehen. Grüne Mamba, rote Blindschleiche oder Ockerlurch standen auf der Speisekarte; der Vegetarier hat sich mit geschmacksneutralem Couscous abspeisen lassen, in dem vielleicht zufällig eine halbe Kakerlake für Fleischanteile sorgte. Immer größer wird der Wunsch nach Rückkehr in die Heimat, die Erinnerungen an einen wunderbaren Urlaub aufzufrischen. Dazu gehört auch der ausgefallene Speiseplan, der ganz klar mit dem Gesicht von Hanni verbunden ist, die kurz vor dem Würgereiz Löwenpranke an frittierter Javanischer Warzenschlange bestellt, und schließlich auch einen halben Teller voll hinunterbekommt. Das muss wiederholt werden, wenn auch nur im Kopf; aber dazu gehörn die Objekte des heimlichen Ekels, den man als Gourmet nicht zeigen will. Was aber den Vegetarier überrascht, ist die Tatsache, dass auch seinen geheimen Fleischeswünschen und -lüsten genüge getan wird; die Feinkostabteilungen bedienen den Fleischverweigerer mit buntestem Schlangenersatz. Den kann sich der Tofufreund ohne schlechtes Gewissen einverleiben. Seine Gäste, die nur an Originalschauplätzen hässliche Tiere essen, kann er mit solchen Objekten überraschen; erst wenn sie hineinbeißen, merken sie, dass es sich nicht um Schlangenfleisch, sondern um eine Mischung aus Zucker, Bindemittel und Knochenextrakten von fleischlosen Tieren handelt. Bis dahin ist der Spaßfaktor auf Seiten des Gastgebers und Grünzeugessers; selten kann man solche langen Gesichter sehen, selten ist die Körperbeherrschung mehr gefordert, selten das Zusammenpressen der hinteren Backenzähne kräftiger. Das zu beobachten, ist der Höhepunkt des Abends. Wie sagt der Nuschler? Schlange nicht mehr so gelacht....