Neue Heilmittel: Tieressenzen

Da lacht der Therapeut und der Patient freut sich, endlich nicht mehr die labberigen Blütenessenzen auf dem Plastiklöffel, sondern mal was Deftiges. Tieressenzen geben dem Leben neuen Schwung; wer sich etwas schwerfällig fühlt und keinen Mut hat, Nein! zu sagen zu Kopfsalat und Bewegungslosigkeit, nimmt ein paar Tropfen Schildkrötenessenz und schon ist die Welt in Ordnung. Und wenn ein Panzer vor der Haustür herumdröhnt, dann ist das normal, denn Panzer und Schildkröte sind fast Synonyme. Wer mal wieder richtig abhängen möchte, der einverleibt sich Federmausessenz; gleichzeitg hilft sie beim Nachhausekommen in bedüdeltem Zustand ohne Taschenlampe und darüber hinaus ist das Ausweichen vor dem Nudelholz, das die zornige Ehefrau - wie es das Klischee will- schwingt, eine leichte Übung.
Wer seinen Pudel Purzel bewundert, weil der so flockiges Haar hat, kann den Kläffer in die Regentonne stecken und diese dann in die Sonne stellen. Aus dem Sud nimmt man einfach ein paar Tropfen ab und verdünnt sie eins zu hunderttausend, damit es nicht so nach Pudel schmeckt. Mancherorts wird auch der Entsafter benutzt, der im Winter ohnehin Schonzeit hat. Diese Maschine ist in der Lage, ein Konzentrat zuzubereiten, das des Pudels Charakterzüge wie Konfliktvermeidung durch Flucht nach hinten und Bestechlichkeit, wenn ein Stück Wurst lockt, je nach Dosierung zu initiieren, zu verstärken oder ins Gegenteil zu verkehren. Letzteres entzieht sich allerdings der Kontrolle, da der Proband natürlich mit seinem eigenen Charakter zu Buche steht. Bestechlichkeit, wenn ein Stück Tofu lockt, mag noch gehen, aber Konfliktprovokation durch Fluch nach vorn und spontanes Hochgeschwindigkeits- Starkstreicheln des Gegenübers sind da schon gefährlicher und auch juristisch folgenreicher.
Sei's drum, wer einmal wie sein Haustier sein möchte, tut es in die Regentonne oder den Entsafter. Manchmal wundert man sich, was in Fifi so alles drin steckt.