Die Kraft des Bildes - Zeitungsartikel und Blickfänger

Na, da sind mal endlich drei junge Männer von der Polizei verhaftet worden! Und dem Haftrichter vorgeführt! Na also, geht doch, denkt das Volk laut und freut sich, dass mal was passiert, dass Schluss ist mit dem ständigen DuDu!, mach das nicht noch mal, sonst wirst du dem Haftrichter vorgeführt!
Dann, beim zweiten Blick auf das Foto, kommt das Volk vielleicht ins Grübeln: Fünf Raubüberfälle und drei Männer, das macht insgesamt 15 Personen, dann kommt der Haftrichter dazu, das sind 16, abgesehen mal von den Polizisten, die die Gruppe verhaftet haben, da ist man locker bei 20. Zu sehen ist aber nur eine Person.
Bist du doof?, fragt das Maul des Volkes. Ein Diebestrio besteht aus drei Leuten. Der Haftrichter kommt dazu, das sind dann vier. Auf dem aussagekräftigen Foto sieht man eine Wand, an der herumgekritzelt wurde, so wie es früher die Gefangenen getan haben sollen, um ihre Tage zu zählen und nicht das Zeitgefühl zu verlieren. Die Wand ist scharf, im Hintergrund eine unscharfe Person auf einer einfachen Liege mit dreigestreiften Turnschuhen einer bekannten deutschen Sportartikelfirma und in dunklen Jeans. Die unscharfe Person liegt auf der Seite zu einer getünchten Kalksandsteinwand gewandt.
Bildunterschrift: Die drei jungen Männer wurden dem Haftrichter vorgeführt. Was grammatikalisch fragwürdig klingt - "wurden vor den Haftrichter geführt" hätte auch gereicht - wirft im Zusammenhang mit dem Foto einige Fragen auf:
Ist das der Haftrichter auf dem Foto? Warum liegt der? Wieso trägt der Freizeitkleidung, wenn Jugendlichen Respekt vor der Justiz vermittelt werden soll? Ist das sein Arbeitszimmer, in dem man scheinbar nur liegen oder stehen kann?
Oder ist das gar einer der drei jungen Männer, der hier den Tag verschläft, anstatt dem Haftrichter vorgeführt zu werden. Wo sind die anderen zwei Männer? Die Tür steht offen, sonst hätte man den Dritten ja nicht fotografieren können; sind die entflohen, weil die Vollzugsbeamten schlampig oder bestechlich sind?
Ist das überhaupt das richtige Bild zum Artikel, oder wurde es durch einen Zufallsgenerator ausgelost und ist so auf die Seite gelangt, weil niemand den Kram betrachtet und liest?
Fragen über Fragen und niemand, der sie beantworten kann. Mittlerweile sind die drei jungen Männer über alle blauen Berge, wenn diese Metapher erlaubt ist, und der Haftrichter, der sich aus Verzweiflung betrunken hat, schläft seinen Rausch aus. Dabei hatte er schon die guten Turnschuhe angezogen, um die Verfolgung aufzunehmen. Arme Justiz! Armes Deutschland! Arme Tageszeitung.