Menschliches Streben

Kies Hering - Menschliches Streben (2014)
Streben und Sterben sind ja eng verwandt. Erst wenn man einige Sekunden das Wort Streben betrachtet, erkennt man, dass das r nur ein wenig nach links wandern muss, um den finalen Lebensvorgang zu initiieren.
Streben, das will ein jeder, sogar, ohne zu wissen, wonach. Es ist im Grunde eine Kardinaltugend, die in der Wiege zu finden ist. Streben nach der Brustwarze der Mutter, nach dem Förmchen im Kita-Sandkasten, nach dem Platz eins beim Kopfrechnen und einen direkten Thekenplatz bei der heißumworbenen Mandy, die man vielleicht nur gut findet, weil sie alle haben wollen. Die psychisch Deformierten streben nach mehr, nach Macht, nach Geld, nach Posten in der Politik, nach dem Kanzleramt, nach dem Parteivorsitz der FDP, weil denen in der letzten Zeit die Leute ausgegangen sind, und woher sollen die alle kommen, da muss man jeden nehmen, da stehen die Chancen gut auf einen besonderen Platz. Streben, streben und dann plötzlich sterben. Oder vorhersehbar sterben, noch schlimmer! Und dann die Frage: Wofür war dein Streben? Ja, was weiß denn ich? Ich hab's ja nicht direkt geschafft. Die Warze war ein Gumminippel, statt ein Förmchen zu greifen habe ich die Katzkacke von Kitatiger Maunz erwischt. Kopfrechnen - da war der Hotte schneller. Nur die Mandy, die habe ich gekriegt, nachdem sie schon alle gehabt hatten, die habe ich dann geheiratet. Da hätte ich auf meinen Bauch hören sollen: Mandy? Lass die Finger davon. Wenn der Körper welkt, gibt es nicht einmal ein Hirn, mit dem du dich unterhalten könntest.
Auch in der FDP hat's nicht geklappt. Da ist jetzt der Lindner. Den habe ich immer für einen schwulen Schlagersänger gehalten. Jetzt stehe ich da. Ich hasse Streber.