Schulinspektion - Qualitätsanalyse (Teil 5): Rucksäcke


Oberinspektor Terrick, Logbucheintrag vom 8.5.07: Der Lerngutbehälter ist der Psychospiegel des Lehrenden. Diesen weisen Satz formulierte mein Assistent Harald gestern, als wir einer Sackkarre angesichtig wurden, mit der ein äußerlich völlig überlasteter Techniklehrer seine Holzreste und seinen Pilotenkoffer, der sich später als Spezialbehälter für Werkzeug zum Öffnen von Haustüren entpuppte, in den Keller karrte. Man mag die Sackkarre dem Techniklehrer nachsehen; der Englischkollege, der sein Orange Line plus CD-Rekorder in den Klassenraum rollt, hat erhöhten Beratungsbedarf.
Was sagt uns ein Rucksack?
Oft ist es ein Begleitbeutel, der auf den Rücken geschnallt wird, weil die Hände voll sind: Links die Ledertasche und rechts das tragbare CD-Gerät, das immer mehr Ersatz für Sprechfaule im Unterricht ist.

Der Rucksack soll sagen: Ich schaffe das nicht mehr! Früher haben ich oder ein Schüler meine Tasche zum Pult geschleppt, da ging noch alles rein, was ich für einen normalen Schultag brauche.

Heute aber ist das anders: Erstens muss man auf alles vorbereitet sein, besser also zu viel als zu wenig dabeihaben! Immer mehr Formulare und Erlasse, die keiner mehr lesen kann, sammeln sich und bevor ich sie nicht gelesen habe, schmeiße ich sie auch nicht weg, es könnte ja immer mal eine Taschenkontrolle der Schulinspektion anstehen. Ich bin vorbereitet.

Ich trage die Last der Pädagogik, die Last der Erziehung, die Last des Bildungsministeriums, die Last der Bücher mit alter Rechtschreibung und der Bücher mit neuer Rechtschreibung, die Last der Verantwortung, die Last der Welt. Ich bin Lehrer, ich werde geächtet, diffamiert, erniedrigt, angespuckt und für alles verantwortlich gemacht. Ich kann bald nicht mehr, ich gehe in die Knie! Hilfe, ich brauche einen Wanderurlaub auf Mallorca mit diesem Rucksack, das wäre eine Hilfe! Aber wer hört mich, will mich hören? Die, die mich hören können, verschließen die Ohren. Ignoranz lastet auch noch auf meinen Schultern.

Wer trägt den Rucksack?
Ein Blender, den ein erfahrener Schulinspektor schnell entlarven kann. Niemand weiß, was wirklich in dem Behälter steckt; der Inhalt ist dem Besitzer wahrscheinlich selber unklar, Altlasten aus den letzten Schuljahren verrotten dort und Cds mit Unterrichtsplaybacks in Fremdsprachen zum leise Mitsprechen.
Ein Jammerlappen, der seine Belastung ständig weinerlich zur Schau stellen will. Rucksäcke sind etwas für Kinder, maximal Jugendliche, oder für Ökos, die beide Hände frei haben wollen, damit sie besser im Biowühltisch schaufeln können.
In der Schule haben Rucksäcke nichts zu suchen; sie verstärken den selbstbemitleidenden Hang zur Depression, und das kann sich aufgrund schlechter Ergebnisse in PISA-Studien und anderer Untersuchungen keiner mehr erlauben. Fröhliche Lehrer sind gefordert; Rucksäcke fördern Krummbuckeligkeit, und die sieht nicht gut aus. Nichts gegen 100%igen Respekt gegenüber dem Dienstherren und seinen Organen; ein einfaches Hände-an-die-Hosennaht reicht da.
Der Rucksacklehrer sehnt sich heimlich nach der Pädagogik der Vergangenheit, als die Schüler noch lieb waren und zu emanzipierten, selbständig denkenden und verantwortungsbewussten Menschen erzogen werden sollten. Der Rucksacklehrer lehnt Unterrichtsentwicklung ab und damit das klippartsche Methodentraining, er widerspricht dem Gebot der Stunde: Anpassung an die Erfordernisse Arbeitswelt. Was nützt denn ein arbeitsloser, aber emanzipierter Mensch? Der hat doch selber nichts davon. Der Rucksacklehrer ist der Rückwärtspädagogik zuzuordnen. Der Schüler weiß nach einer Unterrichtsstunde weniger als vorher; die Qualität wird nicht gesichert, sondern ist hochgefährdet!