Unbeliebte Sportarten: Tanzen

Besonders bei Männern ist der Tanzsport unbeliebt. Sie behaupten, es sei kein richtiger Sport, weil keine Tore fallen. Besucht man einen Anfängerkurs im Standardtanz, kann man an den Gesichtern der männlichen Teilnehmern ablesen: Ich bin nicht freiwillig hier.
Die milde Form der Erpressung: Ein Drittel der Männer hat den Kurs zu Weihnachten geschenkt bekommen, natürlich mit der vagen Zusage, nach Beendigung des Grundkurses wieder aufhören zu dürfen. Unwissend, dass der Grundkurs auch aus den Folgekursen F1 bis F4 besteht, haben sie dem Geschenk zugestimmt. Dass da noch etwas kommt, kann man beim ersten Treffen der Tanzenwollenden bzw. -sollenden noch nicht in den Gesichtern sehen.
Ein anderes Drittel hat eine oder mehrere schwere eheliche Missetaten begangen, etwa zum wiederholten Mal nicht den zugewiesenen Reinigungsbereich gewischt, den Müll zum fünften Mal nicht rausgebracht, sondern zeitunglesend oder musikhörend, möglicherweise bei einem Glas Roten um 17 Uhr(!), im Sofa gesessen, bei Heimkehr der Ehefrau von der Arbeit. Sie ist dann in Tränen ausgebrochen, was die sofortige Anmeldung zu einem Tanzkurs nach sich gezogen hat. Nun heißt es Buße tun und vielleicht einen Gutschein zu erwerben für fünfmal Nichtmüllrausbringen und dreimal Nichtwischenaufdemklo.
Das letzte Drittel meint, es müsse die Frau mal wieder etwas bewegen. Sie hat sich angewöhnt, es dem Gatten gleichzutun, abends vor dem Fernsehr zu hocken und dies und das zu gucken, ohne Sinn und Verstand, einfach, um abzuschalten, und dabei das Abschalten zu vergessen. Des Fernsehers nämlich. Eine deutliche Fettwanne hat sich beim Manne bereits gefüllt, er hält das nicht für dick, sondern für stattlich. Bevor seine Frau ähnlichen, körperlichen Überschuss entwickelt, will er prophylaktisch handeln und Bewegung in die Sache bringen. Seine Frau wird später leichtfüßig um seine massige Gestalt herumtanzen, meistens um seinen schweren, arhythmischen Schritten auszuweichen, und es schön finden. Tanzen erfrischt nicht nur ihren Körper, auch ihre Seele ist wie verjüngt. Der stattliche Mann ist nach wenigen Minuten verschwitzt, das Hemd klebt auf dem Rücken, die beige-farbene Hose weist dunkle Flecken an der Gesäßrinne auf; dort fließt das salzige Körperwasser ab, das das Hemd nicht mehr binden kann. Das hält er für einen Zeichen von Kondition. Der Frau ist es egal, Hauptsache, sie kann tanzen.
Der einzige Mann, der sich wirklich freut, ist der Tanzlehrer, denn bei ihm klingelt die Kasse. So sind alle zufrieden. Bis auf die Männer, aber das soll ja nichts Neues sein, glaubt man den Frauen und dem Tanzlehrer.