Bildbetrachtung: Vincent van Eijnoor - Moderner Mensch


Man muss was machen, will uns der moderne Mensch sagen. Handeln, so geht das nicht weiter. Nachdenklich schaut er uns durch seine geschliffenen Gläser an.
Sein bläulich-rotes Gesicht erinnert uns an einen depressiven Alkoholiker, dessen Arme direkt aus dem Kopf wachsen, wie riesige Ohren eines menschlichen Dackels an den Seiten herabhängen, in winzigen Händen enden, denen man ein Handeln nicht zutraut. Gerade dieser Kontrast will es sein, der den Betrachter zur Aktion auffordern soll. Handle, Mensch!, schreit es uns förmlich an, wie aus stummem Mund auf taube Ohren treffend.
Wir stehen ratlos vor einem Farbrätsel. Was soll ich denn tun? Das Bild bleibt stumm, verharrt in einer Lethargie und karikiert damit die Gedankenlosigkeit, das Desinteresse, den stumpfen Egoismus, die Profitgier der westlichen Welt. Nichts hat sich in die Köpfe der Aktionäre, der Fußballfans oder der BILD-Leser geschlichen: Der Dax soll steigen, die Tore sollen fallen, die Frauen sich entblößen. Nichts darüber, dass die Welt hungert. Dass die Lage immer dramatischer wird. Wir wissen alles, tun aber nichts. Was soll ich denn tun?, jammert der Betrachter, ein Studienrat aus Holzwickede, wieder. Kauf wenigstens dieses Bild!, raunt ihm die Acrylfarbe, wahrscheinlich das Blau, zu.