Alte Männer: Rechthaberei

Immer gibt es einen, sei es im Fußballstadion, an der Theke oder im Altersheim, der Recht haben will. Er begründet seinen Anspruch auf den langen Zeigefinger, den er jedesmal, wenn er etwas Wichtiges sagen will, erhebt und dann seine neuen Thesen und Postulate formuliert, um andere zu beeindrucken, ja auch, um Macht über sie auszuüben. Denn Wissen ist Macht, sinniert er und duldet keinen Widerspruch. Macht vor allem einen guten Eindruck, ergänzt Kuno. Manchmal hast du auch Recht, erklärt der Alleswissende mit dem Zeigefinger. Lass mich mal ausreden!, setzt Kuno nach. Was denn noch?Erzähl doch nicht immer so viel, ständig unterbrichst du mich, das ist wohl deine neue Masche, nie hörst du mir zu. Der Zeigefingermann ist genervt. Er schmettert eine Welle an Du-Botschaften gegen Kuno, in der Hoffnung, Schuldgefühle zu erzeugen. Schuldgefühle machen jeden klein; Schuldgefühle auslösen, das ist subtile Macht. Lass mich ausreden!, wendet Kuno sanft ein. Was denn noch? Der Zeigefingermann wird lauter. Drohen ist jetzt angezeigt, wenn es mit der Schuld nicht klappt. Also! Zeigefingermanns Also ist keine Frage, es ist ein Befehl. Kuno: Ich wollte sagen, Wissen macht einen guten Eindruck, wenn man als Klugscheißer durchgehen will.
Der Zeigefingermann wird bleich, sein stolz aufregender Zeigefinger erschlafft, klappt in sich zusammen, einem Zollstock, dessen Verbindungsniete ausgeleiert sind, ähnlich. Zähneknirschen. Schweigen. Der Weise schweigt, wo der Narr schwätzt.