In Gesichtern lesen: Alfredo de Funès

Das Leben hinterlässt Spuren, besonders das Leben als ewiges Kind. Alfredo de Funès ist so ein ewiges Kind. Das Leben hat Spuren in seinem Gesicht hinterlassen, und manch einer wird fragen: Warum hat der Mann so wenig Haare, so tiefe Furchen und Falten, warum eine so große Nase und einen so merkwürdig geformten Mund? Selbst die Ohren wirken ein wenig vulkanisch im spockschen Sinne. Das ewige Kind bleibt Kind, solange es lebt. Mögen die schicksalshaft mit ihm verknüpften Eltern längst tot sein, so wird immer noch die Frage gestellt: Bist du nicht der Sohn von Louis de Funès, dem französischen Komiker? Alfredo reagiert wie konditioniert; seine Stirn zieht sich in mächtige Schweißrinnen, seine Augenbrauen scheinen augenblicklich zu wuchern und jagen nach oben, das Gesicht verzieht sich zu einer Grimasse, zu einer Maske, die die Antwort geben will: Nein! Verdammt noch mal : Nein! Lasst mich endlich in Ruhe! Ich bin Alfredo de Funès, ein eigenständiger Mensch, ich habe nichts mit diesem albernen Menschen zu tun, den man Komiker nennt, dessen Faxen und dümmliches Gehabe ich lächerlich finden, aber nicht zum Lachen! Ich bin Alfredo, ein Türstimmenimitator, selbständig, nicht verheiratet und keine Kinder! Louis ist nur mein Vater. Dafür kann ich nichts.

Das konditionierte Gesicht karikiert Alfredos Bemühungen, und jeder Kinoliebhaber ab 47 erkennt hier den Spurenleger: Der französische Klamotteur, dessen sich Frankreich nicht schämen will, aber dessentwegen der deutsche Normalbürger jahrelang glaubte, der Flic trage seinen schornsteinartigen Hut, um von seinem tumben Verstand abzulenken, erscheint, als ob ein futuristische Hologramm, ein dreidimensionales Fernsehbild projiziert werde, auf dem Antlitz des Sohnes; seine gequälte Seele versucht das Schlimmste zu verhindern, aber das eigene Gesicht entgleitet dem Sohn und der Vater erscheint, so, als ob er in ihn geschlüpft wäre und hätte sich von innen hinter die Haut des Sprösslings gedrückt.
Welch ein Jammer für den Sohn eines Stars, der angeblich Menschen zum Lachen gebracht hat.
Schwerer kann das Leben kaum strafen: Das ist überhaupt nicht zum Lachen.