Bildbetrachtung: Vincent van Eijnoor - Zähne zeigen

"Den Mund öffnen, die Zähne fletschen, grimmig knurren, blecken das Gebiss, geifern, speicheln, lechzen, knirschen, die Zunge prüft die Schärfe der Reißzähne, da hat niemand was zu lachen, wenn er dieses Gebiss sieht, angesteinflößend, selbst ein Witz kann dieses beinerne Mordwerkzeug nicht in ein friedliches Salatmahlwerk umwidmen. Und immer ein bisschen traurig. Denn der Held ist einsam, der, den man fürchtet, hat keine Freunde, nur Menschen, die kuschen. "(V.v.Eijnoor: Meine Bilder, Amsterdam 1973, S. 409)
Wie wichtig sind uns die Zähne des Mitmenschen? Was will uns eine Progenie sagen? Was wir in uns zum Schwingen gebracht, wenn wir in den Ecken des Gebisses Reste von Kautabak entdecken und glauben, es handele sich um ein Endstadium von Karies? Weiße und ebenmäßige Zähne sind ein Ausdruck von Gesundheit, von Kraft. Dieser Mensch hat Biss. Da sehen wir die schiefen Stummel, in denen die Currywurst vom Vortage verwest. Ekel überkommt uns. Vorturteile? Sind wir nicht ungerecht gegenüber Menschen, die sich weder Zahnarzt noch Zahnbürste leisten können? Geschieht hier nicht über eine von den Medien propagierte Zahnästhetik soziale Selektion? Von allem unberührt der Zahnarzt: Er setzt den Bohrer an, da wo es nötig ist und sorgt letztlich für sozialen Ausgleich, für den Abbau von Vorurteilen, selbst wenn er dies aus eigennützigen, pekuniären Moztiven tut. Auch wenn wir ihm den Porsche neiden, so denken wir doch bitteschön auch an das soziale Element in der Dentistenpraxis.