Alles künstlich in der Stadt


Ab und zu war Toni mit Kunst in Berührung gekommen, das kam auf dem Lande nicht häufig vor. Künstler stellten Tische auf einen Acker und schlachteten öffentlich Hühner, sie hüllten eine vermüllte und fast nie benutzte Bushaltestelle in gelbe Säcke und künstlich fühlten sich auch manche Körperstellen von Biggi an, die ebenfalls aus der Stadt kam und auch bald wieder dorthin zurückging. Toni folgte ihr, weniger wegen der gummiartigen Stellen, die er manchmal berühren durfte, sondern wegen der Kunst, die es in der Stadt offenbar massenhaft gab, wegen der aufregenden Hinweise auf eine Welt, die er noch nicht kannte. Nach der ersten Busfahrt hätte Toni erkennen müssen, dass seine Entscheidung ein Fehler war, blind erkannte er die kulturelle Überlegenheit der Städter an, obwohl dort im Verkehrstrubel nüchtern auf einen Bannkreis hingewiesen wurde. Toni wusste noch, was ein Bannkreis war, er konnte erkennen, ob er drinnen oder draußen war, gebannt oder verbannt, er kannte die Sprache der Natur, der Bilder, er wusste, dass es Dinge gibt, die sich nicht auf Hinweisschilder bannen lassen, dass hier kulturelle Überlegenheit der Arroganz weichen musste, und trotzdem blieb er, überzeugt davon, dass ein städtischer Bannkreis aufregender und wertvoller sein muss als ein ländlicher und dass er bisher einfach viel zu wenig vom wirklichen Leben wusste. Er verlernte die mythische Sprache, schrieb lange Briefe an seine Eltern, schickte ihnen zu Weihnachten dicke Bildbände, klebte Collagen aus Silikonkissen und kehrte schließlich als anerkannter Künstler für demonstrative Kunst aufs Dorf zurück. Dort gründete er eine Künstlerkolonie mit dem Namen Bannkreis, doch er starb dumm und unerleuchtet.