Günter Krass: Paul


Paul auf dem weißen Gaul übers Stoppelfeld. Nichts wie weg von hier!
Dahinter die Mutter auf zähem Esel. Das muss Vater sein, denkt Paul.
Wenn ich Sporen hätte, gäbe ich die jetzt, weißer Gaul!, denkt Paul das Pferd an.
Das Pferd rennt, was das Zeug hält. Zaumzeug fehlt, man galoppiert einfach so; Paul klemmt die Beine zusammen, die Aduktoren brennen bereits.
Die Mutter ruft das Übliche hinterher:
Kämm dir die Haare, Paul!
In der Hose gehst du nicht ins Dorf!
Hast du saubere Fingernägel?
Was ist mit der Unterwäsche? Falls du ins Krankenhaus kommst.
Es ist zum Krankwerden, denkt Paul.
Dem Gaul hängt die Zunge raus. Aber er hält durch, weiß, dass es um alles geht.
Oder um nichts, denkt der Esel, der zäh bleibt, die Mutter erträgt, die zetert und keift.
Der Hals, hast du dir den Hals gewaschen?
Was sollen die Leute denken?
Was sollen die Leute denken?
Welche Leute?, denkt Paul, das hier ist ein Stoppelfeld, da sind keine Leute.
Falls Leute vorbeikommen, ruft die Mutter.
Da stürzt der Gaul und ist tot.
Blödes Pferd, denkt Paul.
Blöder Reiter, denkt der Gaul im Pferdehimmel.
Der zähe Esel trottet mit seiner Bürde heran.
Geschwindigkeit ist nicht alles, schnaubt er.
Ich hab’s dir doch gesagt, sagt die Mutter.
Was?, fragt Paul.
Vorhin, antwortet die Mutter.
Das Pferd im Himmel denkt: Gut, dass alles ein Ende hat. Sogar die Wurst.
Das Pferd kommt in die Wurst, sagt die Mutter und Paul wischt sich den Staub von der Hose.
Wo ist das nächste Krankenhaus, wo er seine Socken vorzeigen kann, oder die Unterhose? Alles frisch. Fingernägel blitzsauber.
Der Esel kaut lässig auf ein paar Grashalmen herum.