Liebes Tagebuch!
Heute morgen im Bad dachte
ich darüber nach, was wohl eine Handcreme denkt, wenn man sie auf die Füße
reibt? Fühlt sie sich zweckentfremdet oder verschwendet?
Oder teilmissbraucht?
Fühlt sie sich geehrt, weil die Füße für die Handcreme in der Rangfolge der
Körperteile weiter oben angesiedelt sind? Ein Teil bleibt beim Einschmieren der
Füße ja auch an den Händen kleben. Allerdings sind die Füße ja ganz unten, und
die Hände sind wichtiger, weil man mit denen Verträge unterzeichnet und Menschen
begrüßt.
Dann musste ich plötzlich
an fußgemalte Weihnachtskarten
denken, die nicht schöner waren als handgemalte, aber die man früher aus
Mitleid kaufte. Vielleicht waren sie aber auch mundgemalt, das verwechsele ich
oft mit mundgeblasen, was ja im Grunde
doppelt gemoppelt ist, weil der Mund für den Menschen die einzige
Möglichkeit ist, zu blasen. Jedenfalls kontrolliert zu blasen, zum Beispiel eine
Trompete.
Niemand hat je von fußgeblasenen Weihnachtsliedern gehört.
Was die Handcreme nun
wirklich dachte, konnte ich nicht herausfinden; ich entschied mich dafür, dass
Handcremes nicht denken können und es ihnen deshalb egal sein muss, ob sie auf
einer Hand, einem Fuß oder einer unsichtbaren Stelle am Körper landen. Dem Kopf ist es vielleicht nicht egal, wenn
man an ihm Fußcreme aufträgt, denn ein Kopf kann denken.
Beim Zähneputzen musste
ich an Tanja denken, die manchmal sagte, wenn ich zu spät dran war, „ du musst
mal etwas auf die Tube drücken“.
Beim Betrachten der
Zahnpastatube fiel mir auf, dass man nicht „etwas auf die Tube“ drücken kann. Es muss schon so stark sein, dass
vorne die gewünschte Menge Paste hervorquillt. Das zärtliche
„Aufdietubedrücken“ führt oft gar nicht zum Erfolg, denn die gewünschte Masse
bleibt im Behälter. Wer etwas aus der Tube haben möchte, sollte kräftig
drücken, oder besser angemessen, und bloß nicht mit so einem
Ichwilldirnichtwehtun-Gefühl.
Die Tube bestätigt den
richtigen Druck immer durch das Ausscheiden der gewünschten Menge. Da gibt es
keine Missverständnisse. Manchmal wünscht man sich so ein klares Verhältnis
auch zwischen Menschen, besonders in partnerschaftlichen Beziehungen.
Wie lang können wohl
Nasenhaare werden?, dachte ich beim Rasieren. Aus dem Haupthaar kann man dicke
Zöpfe flechten, aus einem Bart, den man wachsen lässt auch, etwas weniger
dicke; aber aus Nasenhaaren? Bei der Ohrbehaarung bin ich mir auch nicht so
sicher; immer wenn meine guten In-Ear-Kopfhörer nicht mehr in den Gehörgang
passen, ist es Zeit, mit dem Trimmgerät, das dem Nasen- und Ohrenhaarbeschnitt dienen sollte, Platz zu schaffen.
Wie lang die Ohrenhaare
wirklich werden können, weiß ich nicht.
An anderen Stellen des
Körpers passiert gar nichts. Alles bleibt, wie es ist. Nur am Kopf, wieder mal am Kopf!, ist es
anders.
Früher war eine Glatze ein
Makel, besonders bei jungen Menschen.
Dann kam die Phase, wo man
beschämt beseite schaute und dachte: Chemotherapie! Mutig. Keine Mütze. Keine
Perücke.
Dann führte Telly Savalas
die Glatze und den Lolli ein. Ein gesellschaftlicher Widerspruch. Ein kahlköpfiger
Greis mit der Vorliebe für Kindernahrung.
Heute sind wir umzingelt
von Glatzen, oft von Ganzkörperglatzen. Wer in die Sauna geht, muss annehmen,
man habe die Pubertät abgeschafft.
Beim Entfernen des letzten
Rasierschaums, fragte ich mich: Warum rasieren wir uns?
Warum lassen wir nicht
einfach wachsen? Alles und immer?
Dann hörte ich Tanja
rufen: Du musst mal etwas auf die Tube drücken! Du bist spät dran.
Der Tag, hatte schon
nachdenklich begonnen. Was sollte wohl daraus werden?
Ich hatte natürlich keine
Fußcreme auf meinen Kopf gerieben, damit mal Pause war mit dem Nachdenken. Als ich überlegte, In
welchem Verhältnis mein Kopf wohl zu meinen Händen und meinen Füßen und überhaupt zum ganzen
Körper stünde, wobei er ja ein Teil des Ganzen war, hörte ich Tanja wieder
rufen: Du musst jetzt mal kräftig
auf die Tube drücken, wenn du
nicht zu spät kommen willst!
Kräftig auf die Tube
drücken, das klang gut.
Jepp, rief ich etwas zu
jovial für diesen Morgen voller Fragen, und stürzte mich in den neuen Tag.
Später mehr,
dein Tonne
P.S: Liebes Tagebuch!
Beim Möhrenschälen für die
Mittagspause dachte ich darüber nach, ob man Zeit spart, wenn man erst an allen Möhren die Enden abschneidet und
sie dann alle schält und dann alle kleinschneidet, anstatt jede Möhre einzeln
und nacheinander zu beschneiden, zu schälen und in Stück zu schneiden.
Und: Wie viel Zeit man bei
200 Arbeitstagen im Jahr sparen könnte, wenn man täglich effektiv vorbereitete
Möhren mitnähme,und wie schön es wäre, wenn man die Zeit im Stück und auf Wunsch, zum Beispiel heute, zur
Verfügung hätte.