Beziehungskitsch

Wolle, die alte rückfettende Socke, dachte Betti, dieser überholte Öko, Wolle düst jetzt mit dem Bulli durch die Gegend, ziellos, planlos, spritverjuckelnd, das war nicht öko, nicht bio, das war dämlich.
Wolle hatte das Foto gefunden mit Betti auf dem Bärenfell und hatte sofort durchgestartet: Wer hat das denn gemacht, das Bild kenne ich überhaupt nicht, weißt heißt hier, das war vor meiner Zeit?
Haha, eine Freundin, dass ich nicht lache, jaja, ich weiß, dass du auch schon einen Freund vor mir hattest, aber der hatte angeblich keinen Fotoapparat. Eifersüchtig. Meine Güte. Wolle kam doch sonst nie aus dem Quark und hier drehte er durch, als hätten sie ihm einen Turbolader reingeschoben.
Die erste Rundewar glatt an Wolle gegangen, der hatte sich jetzt aus dem Staub gemacht, da war nichts zu kontern. Natürlich hatte das Foto keine Freundin gemacht.  Beziehungskiste, das Unwort von 1984 oder wann, wie sie das hasste, Beziehungskrise, Beziehungsclinch, jetzt wurde es hinten matschig, Clinch und Kitsch. Clinch war regelwidrig, wenn du jetzt umklammerst, gibt es Punktabzug, da fliegst du aus dem Ring, wenn du nicht aufhörst. Aber Wolle war gefahren, hatte den Ring verlassen, Betti war Sieger nach Punkten, trotz der ersten Runde, Wolle war gar nicht mehr angetreten, hatte gekniffen, das passte zu ihm. Beziehungskitsch. Das war auch ein schönes Wort. Betti holte die alte Russenmütze aus dem Regal, die hatte Wolle aufgehabt, als sie ihn kennengelernt hatte auf einer Demo. Betti hatte die Mütze jahrelang getragen, weil Wolles Geruch in ihr haftete. Jetzt war es Zeit, Platz zu schaffen, alte Knoten zu lösen. Luft holen. Dritte Runde. Russenmütze gegen Bärenfell. Betti schnupperte am Pelz. Sie konnte Wolle nicht riechen.