Der Fluss ist am Ende

Der Fluss fließt, wie es sich gehört, wie es seit Anbeginn gewesen ist.
Das Kind schreit: Mutter, Mutter! Sieh da!
Die Mutter ist aus ihren Tagträumen geweckt und schreit zurück: Ja, schrei nicht so Kind! Was ist denn schon wieder los?
Das Kind ist aufgeregt und kann sich nicht bremsen: Mutter, Mutter, sieh nur, dahinten ist der Fluss zu Ende. Da hört der Fluss auf!
Die Mutter runzelt die Stirn, die seit Jahren mit Antifalten-Creme behandelt hat und fragt: Ja, wie, zu Ende? Wie meinst du das?
Das Kind wird immer aufgeregter: Da ist doch kein Wasser mehr, davorne.
Die Mutter wird unruhig. Was ist denn mit dem Kind los, will es denn keine Ruhe geben?
Kind, ich sehe, dass da ein paar Büsche des Weges stehen.
Mutter, wenn der Fluss da zu Ende ist - das Kind hüpft, weil es noch aufgeregter als vor zwei Minuten ist - dann ist das der Ozean.
Die Mutter runzelt erneut die Stirn: Und wenn nicht?
Das Kind wird plötzlich leise: Ja, dann wohl nicht.
Die Mutter nickt: Na, da hast du heute aber wieder etwas dazugelernt. Das kannst du morgen gleich in der Schule berichten.
Das Kind noch leiser: Vielleicht ist es ja die Quelle und wir sind am Ende. Wir sind im Ozean.
Die Mutter versteht nur "Ende". Jaja, Kind, da ist das Ende. Das Ende vom Anfang. Ach, was du dir auch immer zusammenreimst. Was lernt ihr eigentlich in der Schule?
Das Kind hat die Augen tränenvoll und wispert vor sich hin, sodass es niemand hört: Das hat sich doch gar nicht gereimt.
Die Mutter packt derweil die Sachen ein, denn auch ein aufregendes Picknick am Fluss hat mal ein Ende.