Vor dem Nichts stehen

Ich stand vor dem Bild und dachte: Das ist doch nichts. Da ist doch nichts drauf! Was soll das denn sein?
Ich stand wohl eine Stunde und dann dämmerte mir, wie verblendet ich gewesen war.
Wo nichts ist, kann immer noch ein Bisschen sein. Und dieses Kleine, dieses Bisschen wollen wir nicht verleugnen, sondern annehmen als Teil unserer Welt.
Als ich wohl noch eine weitere Stunde gestanden und betrachtet hatte, entdeckte ich plötzlich in diesem Nichts etwas:
Ein bisschen Vogelscheiße, ein paar Zweiglein und mehrere Krümel.
Da wusste ich, dass ich nicht verloren war. Ich hatte wieder zu sehen begonnen, mir waren die Augen aufgetan worden, bloß durch das stundenlange Herumstehen vor einem Bild, auf dem nichts drauf war. Denn es war ja doch was drauf, was ich aber vorher nicht gesehen hatte, weil ich es nicht hatte sehen wollen.
Obwohl ich mich heute ärgere, habe ich das Bild damals gegen gutes Geld gekauft. Dafür hätte ich  schlichtweg ein Wochenende in Berlin in Saus und Braus leben können.
Auf dem Bild ist nämlich wirklich nicht viel drauf; das Bisschen hätte ich auch selber hingekriegt. Vielleicht nicht mit dem Originalvogel, aber ich denke schon.