Bodo war neun

Mit neun war Bodo mindestens das vierte Mal verliebt. Jetzt war es Gudrun, in die er sich verguckt hatte, die er heimlich anbetete, von der er sich immer ein Lächeln erhoffte. Wenn sie dann lächelte, wurde er rot und brachte kein Wort heraus.
Es durfte ja auch nicht auffallen, dass er verliebt war, aber heimlich träumte er schon davon, wie es später mit ihr sein würde, wenn sie erwachsen wären und eine Familie hätten.
Verliebtsein war nichts für Jungs.
Die träumten davon, zum Mond zu fliegen oder eine Eisenbahn zu steuern. Auf keinen Fall  träumten sie von Mädchen, und auf überhaupt keinen Fall davon, verliebt zu sein.
Verliebt sein hieß schwach sein.
Jungen waren stark. Mädchen heulten.
Bodo hatte es nicht leicht mit seinen Gefühlen.
Er durfte seine Liebe nicht zeigen, den Jungs nicht, weil er dann als schwach galt, und Gudrun nicht, weil das nicht in Frage kam.
Viel hatte er nicht von seinem Zustand: Ab und zu ein Lächeln. Rotwerden.