"Weiser Mann" Olli Dallilahmer: Waschmaschinenmeditation

Wenn ich mich schlecht fühle, so richtig beschmutzt von Welt der Hektik und Profitmaximierung der Welt, von der Eigennützigkeit und der Ellbogenmentalität meiner Mitmenschen, dann hilft mir die Waschmaschinenmeditation. Sie säubert mein Innerstes und lässt mein Außen wieder strahlen. Weiß ist die Farbe der Unschuld; Weiß ist die Summe aller Farben; Weiß ist die Farbe höchster Erleuchtung. Ich fülle die Maschine mit 3-4kg Buntwäsche, gebe ein gutes Waschmittel wie Persil oder Blütenweiß dazu und starte das Programm für Kochwäsche bis 90°. Wenn ich den Startknopf gedrückt habe, setze ich mich still vor das mandalaartige Sichtfenster und betrachte still die bunten Kleidungsstücke, die sich im Kreise drehen und sich mit dem Schaum des Reinigungsmittels vermischen.Manchmal, wenn es mir richtig dreckig geht, gebe ich auch etwas Entfärber in die Waschmaschine.
Immer neue Bilder entstehen, eine unendliche Vielfalt an Mustern hält das Leben hier bereit. Tief in mich versunken erkenne ich die langsam schwindenden Farben, das Blasserwerden der Kleidung, das Blasserwerden der materiellen Welt. Nichts hat Bedeutng; die grellen Farben des Alltags lösen sich auf. Ich weiß, dass alles weiß werden muss, unschuldig, gereinigt. Das wirklich Wertvolle schlummert hinter der bunten Fassade. Setzt der Schleudergang ein, werde ich zurückgeholt in das Hier und Jetzt. Ich halte die feuchten Stücke in Händen, alles ist blasser, alles ist kleiner geworden, unbedeutender, nicht mehr für mich gemacht. Ich gehe in den Garten und vergrabe Hemden und Hosen, die jetzt nicht mehr für mich bestimmt sind, ich nehme symbolisch Abschied vom Alten, um mich Neuem zuzuwenden. Morgen werde ich in die Stadt gehen und meine Meditation beenden. Vier Hemden, eine Jeans und eine Cordhose, außerdem zwei bis drei Pfund Kurzwäsche werden ein neues Beginnen sein, eine neue Sicht der Welt auf einer höheren Stufe.