"Weiser Mann" Olli Dallilahmer: Dass die Welt nicht rot werde


Davor fürchtet sich der Amerikaner von Anbeginn seiner Existenz; dass die Welt rot wird. Dabei gibt es Amerikaner noch gar nicht so lange; vielmehr ist der Amerikaner ein Mischvolk mit Migrationshintergrund, eine Volk ohne richtige Heimat, ausgestoßen, ausgesiedelt oder ausgewandert. Gerade ein Mensch ohne Heimat wird von Existenzangst gequält. Die Farbe Rot spielt dabei eine wichtige Rolle, ist sie auch die Farbe des Blutes und des Lebens, der Energie und der falschen politischen Gesinnung. Als der Amerikaner mit Migrationshintergund den neuen Kontinent betrat, traf er auf eingeborene Amerikaner, die jedoch nicht wussten, dass sie solche waren. Ihr mangelndes Selbst-Bewusstsein führte dazu, dass sie den eingewanderten Amerikanern fehl am Platze vorkamen. So begannen die neuen Amerikaner die alten auszurotten oder zu vertreiben, um diesen Fehler der Geschichte zu korrigieren. Weil dabei Blut über die Haut der Falschplatzierten floss, nannte man sie kurzerhand Rothäute. Nachdem nur noch ein paar Rothäute übriggeblieben waren, steckte man diese in Reservate. Die Rothäute wiederum nannten die Zugereisten Bleichgesichter, weil sie annahmen, dass solche Ungerechtigkeiten und Gräuel jeden normal empfindenden Menschen erbleichen ließen. Nachdem die Gefahr im "eigenen" Land gebannt war, schaute der neue Amerikaner über den Tellerrand, nachdem die Indianer die Suppe ausgelöffelt hatten. Überall auf der Welt lauerte die rote Gefahr. Menschen, die gar nicht rot aussahen, aber innerlich rot waren. So zog der Amerikaner aus und versuchte überall dort, wo rote Menschen auftauchten, diese zu beseitigen. Er hatte Angst, dass sich die Roten über die ganze Welt verbreiten könnten, so wie die Energie eines Dominosteines, ist er einmal gekippt, sich auf die anderen übertragen kann und plötzlich die Energie von tausend und abertausend anderer Steine auslöst. Schließlich könnte die rote Energie wieder ins eigene Land, das jetzt so schön sauber und farblos war, schwappen und alles, was sich die Bleichgesichtigen hatten, zunichte machen. Bald waren die roten Menschen verschwunden, oder stellten keine Gefahr mehr dar. Aber, wer weiß? Vielleicht war die Welt bevölkert von Menschen, die weder innen noch außen rot waren und doch nicht auf diese Welt gehörten. Sie stießen auf Männer mit langen Bärten, die in dunkle, lange Kleider gehüllt waren und die drohen konnten, ihr Öl für sich zu behalten, und dem Amerikaner seine großen Autos zu verleiden. Überhaupt waren Reichtum und Konsum in Gefahr, und da schoss dem Amerikaner die Zornesröte in Gesicht. Und wenn jemand Rot sieht, ist mit ihm nicht zu spaßen. Und wieder war der Amerikaner unterwegs, um das Rot auf der Erde zu besiegen, und merkte gar nicht, dass er es auf der Erde verbreitete, denn es ist ja die Farbe des Blutes.
Und immer wieder glaubt der Amerikaner, er müsse die Menschen der Erde vor der Gefahr beschützen, die diese für sich selber darstellen. Das wollte der Amerikaner gerne übernehmen. So konnte er auch immer festlegen, wer eine Gefahr für sich selber darstellte. Und so ist es bis heute.
Wisset denn, ihr Zweifler und Nörgler, wenn ihr wieder einmal über den Amerinkaner schimpft, es ist seine Urangst vor der Farbe Rot, die ihn treibt. So wie der kleine Junge nicht nach Profit und Macht strebt, sondern geliebt werden will, und weiß, niemand mag ihn, und gleichzeitig Rot die Farbe der Liebe ist, so kann der Amerikaner nicht anders handeln als er tut: Aus seiner tiefen Angst heraus, dass ihn keiner lieb hat.