Leserbrief an Olli Dallilahmer

Lieber Olli D.,
manche Menschen fühlen sich zerhackt und zerteilt und zweifeln am Traum von der Ganzheit, nur weil der Spiegel einen Sprung hat. Das ist traurig und unnötig und falsch und nichts gegen meine Sorgen, die das Ausstülpen betreffen. Sichtbar ist nur mein ausgestülptes Sein, die Form, die nach außen drängt, andere Materie verdrängt und Kontakt zum Erdboden sucht, um nicht umzukippen, um Raum für sich zu beanspruchen. Mir viel vertrauter ist mein eingestülptes Sein, das Negativ, der Rückzug in die Materie, der dadurch entstehende Sog, der nicht verdrängt, sondern andere Materie aufsaugen und verinnerlichen kann. Eingestülpt erlebe ich im passiven Empfangen und Aufsaugen und Umarmen unendliche Energieschübe, lieber Olli, wie kann man das bloß alles in einer einzigen Existenz vereinbaren, oben eingestülpt, unten ausgestülpt, unten Bodenhaftung, Beine mit festem Stand und Schritt nach vorn, oben das Nichts. Das ist schwer zu verkraften für ein einziges kleines Menschenleben und ich würde mich freuen, wenn du mich verstehen würdest, vielleicht schickst du mir eine kleine passende Meditation mit Schlürfgeräuschen, irgendwas Schmatzendes, Einstülpen und Ausstülpen.