Mode oder Unart: Loch in Leggins

In Berlin, der neuen Metropole, kann man rumlaufen, wie man will. Denkt man. Und dann kommt man doch ins Grübeln: Ist das jetzt Mode, Topmode weil Metropolemode, oder einfach Schlampigkeit?
U-Bahn-Station Samariterstraße, Friedrichshain, früher Ostberlin: Ein junge Frau sitzt auf der Wartebank, die Beine übergeschlagen und wartet auf die nächste Bahn. Sie trägt schwarze Leggins. Ist das noch modern, oder schon wieder?
Dieses üble Kleidungsstück, von Jane Fonda in der Aerobic-Hochzeit erfunden, macht aus dem Unterleib einer Frau im ungünstigsten Fall eine Wurst, im günstigsten sieht die Leggins aus wie eine vergessene Schlafanzughose. Mode?
Ein Loch. Ein Loch in der Leggins deutet auf Design hin. Da hat sich jemand Kreatives Gedanken gemacht. Weil er Geld verdienen will und muss. Es gibt immer Doofe, die kaputte Kleidung in Designerläden als letzten Schrei auf den Ladentisch schieben und dazu ein paar Geldscheine, weil sie glauben, eben diesen letzten Schrei erwischt zu haben. Laut aufschreien möchte man ob dieser Dummheit, helfen wird es aber nicht.
Designer-Leggins, gibt es das Wort überhaupt oder ist das ein Widerspruch in sich? Möglicherweise ist die junge Frau  an der Bordsteinkante hängengeblieben, als sie gestern Nacht nach Trance oder Techno oder Pogo nach Hause robbte, und das wohlüberlegte Designloch ist nur ein Zufallsding?
Wer will das letztendlich entscheiden? Die Fingernägel der Dame sind grünlackiert, aber nicht mehr vollständig. Die Haare könnten eine Frisur sein, vielleicht aber auch eine Formation, die durch erhöhte Fettauflage entstanden ist. Überhaupt sieht die Frau etwas traurig und müde aus; Frauen, die Designmode tragen, sind stolz, übermütig und wach. Und ein Mischmasch aus Arroganz und Dummheit.
So gesehen ist die Frage geklärt: Das Loch ist da, weil es entstanden ist. Nicht weil es jemand kreiert hat.
Ostzone. Ehemals Ostzone. Depressiv aber sozialistisch. Froh, aber unglücklich.