Die Lügen der Kuscheltiere

Kuscheltieren wird zu viel nachgesehen. Sie werfen sich heulend auf den Tisch und besudeln die gute Tischdecke rücksichtslos und man vergisst, dass Kuscheltiere ihre Existenzberechtigung durch gut gemachte Lügengeschichten erhalten. So ist ihrem Verhalten immer zu misstrauen. Jahrelang hat einem der kleine Kerl aufgetischt, er sei der einzige, der wahre, der beste Freund und das in guten wie in schlechten Zeiten, und hat damit eine der großen Lebenslügen geliefert, die ein normal Denkender nicht glauben wird: Man habe einen Freund. Das Perfide ist, dass es unser Kuscheltier ohne Worte tut. Es erwartet, dass wir seine Geschichte aus dem Stand heraus glauben, sie praktisch vor dem Glauben erfinden und seine Kosungen, die wir auch noch selbst herbeiführen müssen, als Bestätigung betrachten. Wenn man Kuscheltieren nicht gerecht wird, fangen sie an, unhandlich, schmuddelig oder flach zu werden, so als hätten sie Teile ihres Innenlebens verloren.
Wenn unser schlechtes Gewissen nicht spontan reagiert, täuschen sie die Folgen eines Organraubes vor, wobei jedes Kleinkind, das mal einen Teddy operiert hat, weiß, dass Kuscheltiere keine Organe besitzen, sondern nur Holzwolle oder Plastikkügelchen.
Ist das schlechte Gewissen da, setzt die Sorge um das Tier ein, das man wohl irgendwann unbeaufsichtigt gelassen hat und kassiert jetzt die Strafe. Man kann letztlich nur im Innenleben des Knuddelkerles prokeln und nach verschwundenem Material suchen, das aber keiner finden wird, da es ja verschwunden ist. Was bleibt, ist, eine Handvoll Basmatireis in den schlaffen Körper zu füllen und zu hoffen, dass dann wieder alles gut ist. Wenn das nichts bringt, sollte jeder Kuscheltierbesitzer deutlich zeigen, wer der Herr im Haus ist und mal „Kochbeutelreis“ spielen, da platzt dem Kleinen dann der Kragen.