Bildbetrachtung: Edwin Hoppel - NASA-Rakete draußen

Edward Hoppel: NASA-Rakete draußen (1974)


Die Stimmung hat etwas von einem ICE mit mehr Beinfreiheit. Das Licht diffus, die Menschen niedergeschlagen, so als warteten sie auf den Zugbegleiter ohne im Besitz einer Fahrkarte zu sein.
Eine lesende Frau mit herbem Gesicht hat sich dem Durchgang  zugewandt, als käme jetzt der zollfreie Verkauf von Parfüm und Spirituosen. Sie ist in Schwarz gekleidet, schaut ernst in ihr Sparkassenbuch, das rote Zahlen aufweist.
Gegenüber beobachtet diese eine nicht minder herbe Frau in rotem Kleid, als wolle sie in ihrem blutfarbenem Gewand eine Todgeweihte fixieren.
Wahrscheinlich aber ist der Blick auf die Nasa-Rakete im Hintergrund gerichtet, die jeden Moment abheben will, wie die Frau in Rot glaubt.
Eine Frau mit Hut sitzt teilnahmslos ein paar Reihen weiter vorne, als habe man sie dort hingesetzt und festgeschnallt, und glaubt, dass sie nach Mallorca fliegt, nur weil draußen eine Rakete steht, die es nicht geschafft hat, zum Mond zu fliegen.
Ein Mann schaut nach rechts und tut das einzig Richtige. Er interessiert sich einen Dreck um das, was seine Mitfahrerinnen tun oder nicht tun. Sein Ziel sind die Malediven. Leider weiß er nicht, dass er sich weder in einem ICE, der gar nicht übers Meer fahren kann, befindet, noch in einem Flugzeug, denn wie sonst könnte er eine NASA-Rakete sehen, die nicht einmal den Boden verlassen hat oder wenigstens umgekippt ist. Er befindet sich in einer Art Lounge, was bedeutet, dass er in einer Mehrzweckhalle wartet, die er für ein Fortbewegungsmittel hält. Die NASA-Rakete vermittelt ihm den Eindruck von Geschwindigkeit, obwohl sich nichts bewegt. Alles ist Illusion, scheint die fromme Botschaft von Hoppel zu sein, dem die NASA-Rakete am wenigsten geglückt ist. Auch die Nylonstrümpfe der Frau in Schwarz wirken wie ausgezogen, so häuten, zu fleischig, zu wenig synthetisch.
Das kann man bei Rembrandt und anderen Experten ganz anders sehen.
Schade um die schöne Leinwand untendrunter.