Müde Nager

Müde sah der Nager aus, ich hätte ihn mit der bloßen Hand fangen können.
Was dann? Den Hals umdrehen? In eine Lebendfalle stopfen und an der Autobahn aussetzen? Ihm einige Körner Giftweizen in den Schlund stecken?
Ich bin kein Mörder, Tiermörder schon gar nicht.
Was der Nager frisst, kann nicht die Welt sein.
Auf der anderen Seite verhungern natürlich  Menschen, und der Nager macht sich darüber keine  Gedanken. Von seiner Mahlzeit könnte vielleicht ein fünfjähriger Junge satt werden. Das aber interessiert den Nager nicht. Und das macht ihn so unbeliebt.
Jetzt ist er müde, weil er verdaut. Hat sich den Wanst vollgefressen und kann kaum noch laufen.
Er ist an den Menschen gewöhnt und weiß: Der dreht mir den Hals nicht um. Der ist feige. Ich würd dem Menschen schon den Hals umdrehen, aber ich bin müde, weil vollgefressen.
Leben und leben lassen, denkt der Nager. Afrika ist weit.
Der Mensch könnte ja auch mal eine Mahlzeit auslassen. Dann wär auch eine Portion mehr auf der Welt. Denkt der aber nicht dran, sondern zeigt eher auf vollgefressene Nager. Sollen die doch hungern. Aber was unterscheidet den Menschen denn vom Nager? Ist der mehr wert? Leistet der mehr?
Bei der Umweltzerstörung vielleicht oder einem Marathonlauf, um sich die Kalorien, die überflüssig waren, wieder abzulaufen.
Es ist doch ein ewiges Hamsterrad.
Man tut etwas, um das auszugleichen, was überhaupt nicht nötig war, und vergeudet damit Zeit, Geld und Lebensmittel.
Ich mach erst mal ein Schläfchen, weil ich müde bin, dachte der Nager, denn sprechen kann er nicht.
Auch ich dachte über ein kleines Nickerchen nach.