Deutsches Gymnasium 1964-1972: Geschichte 2


















Georg Krakl: WK 1 - Könnten Sie etwas lauter reden….

Jäääüüüüümß Braun!

Da Da Da Da Da Da Da
Da Da Da Da Da Da

Könnten Sie etwas 
lauter reden, ich sehe
nämlich nicht so gut


Der junge Krakl, der im Unterricht von der Urgewalt des Weltkrieges gefesselt scheint und kaum einen inhaltlich zutreffenden Satz notieren kann, kompensiert seine Urangst in dadaistischen Phrasen: Dreizehnmal das Wort Da, einmal als immanent-dadaistisches  Gedicht, dann als Ausdruck der Sinnlosigkeit eines menschenmordendes Völkerschlachtens und als Hinweis auf die zwingende Logik brutalster Aggression: Die Retardierung. Der Mensch entwickelt sich zurück in die Kindheit und brabbelt seinen monotonen Text. Dreizehn als Zahl des Todes im Tarot.
Dem kann der Geschichtslehrer, ein junger Spund mit pomadiertem Haar und einem Ford Capri auf dem Lehrerparkplatz, nicht begegnen. Er liest von Karteikärtchen ab, die er für jede Stunde vorbereitet hat, und bleibt immer eng an der Vorlage und bemüht sich, vor dem Abitur nicht aus Versehen in die NS-Zeit zu rutschen, die die Braunkappen in seinem Kollegium bisher ignoriert haben, weil sie immer noch nicht glauben wollen, dass sie dort mitgemischt haben. Der Pädagoge zupft sein lila Sakko zurecht und hüstelt verlegen.
Krall bleibt in seinem Dadaismus gefangen und schreibt einen skurrilen Bilderwitz:
Könnten Sie etwas lauter sprechen,
ich sehen nämlich so schlecht?
Oder als Pendant:
Könnten Sie etwas dicker schreiben,
ich bin fast taub?
Nebenbei notiert Krall einige Daten aus dem Jahr 1914, die zeigen, dass er nicht ganz verweigert, sondern dem Mann im lila Sakko demonstrieren möchte: Ich passe auch ein wenig auf, damit du nicht traurig bist. Aber im Grunde geht ihm die Sache mit den Karteikärtchen am Gesäß vorbei. 
Krall weiß: Mit dem Vertrag von Locarno werden die Aufzeichnungen in diesem Fach enden.
Schade um eine verlorene Seele.