Die Parabel von der Thermoskanne, dem Trinkbecher und der Tischklingel

Es begab sich aber, dass eine Thermoskanne, ein Trinkbecher und eine Tischklingel unzufrieden waren mit ihrem Leben:
"Ich bin es leid, ständig warme Getränke in mir zu haben, nur um sie warm zu halten und mich dann auszugießen an Menschen, denen es egal ist, ob ein Tee 35 oder 45 oder gar 80° heiß ist", sprach die Thermoskanne und schnaufte verdrießlich.
"Ich bin es leid, ständig von Menschen an den Mund geführt zu werden und Tee, den man vorher lieblos in mich getan hat, in geöffnete Münder zu kippen", beklagte sich der Trinkbecher und ergänzte, dass er es unerträglich finde, nicht einmal richtig ausgewaschen zu werden, wenn der Trinkvorgang beendet sei. "Widerlich", bestätigte die Thermoskanne. "Und du, worüber beklagst du dich, Tischklingel?", fragten die Thermoskanne und der Trinkbecher wie aus einem Munde. "Ich bin es satt, immer auf dem Tisch herumzustehen und zu warten, dass jemand mich drückt...." "Jajaja, ich werde auch nie gedrückt", unterbrachen Thermoskanne und Trinkbecher. " Ich weiß gar nicht, ob ich überhaupt jemals richtig gedrückt worden bin", dachte der Trinkbecher laut, "man hat mich immer nur fest zugeschraubt, aber nie fest gedrückt, dabei ist das so wichtig in einer lieblosen Zeit..." "Lasst mich aussprechen", unterbrach die Tischklingel, "ich bin es also satt, immer auf dem Tisch zu stehen und zu warten, dass irgendwer mich drückt, denn erst wenn ich gedrückt werde, kann ich meiner Bestimmung als Tischklingel Genüge tun und einen Klingelton abgeben. Ich will endlich etwas Sinnvolles tun."
"Kann man denn Klingeltöne nicht auch im Internet herunterladen?". fragte die Thermoskanne leise. "Still jetzt!", zischte der Trinkbecher.
"Ich möchte mit euch in die weite Welt hinausziehen und ein neues Leben anfangen!", sprach die Tischklingel, und Thermoskanne und Trinkbecher nickten dazu.
"Aber was können wir denn, damit wir in der großen weiten Welt bestehen können, und dass wir unseren Lebensunterhalt verdienen können?", fragte der Trinkbecher.
"Also, ich kann warme Getränke warm halten", sprach die Thermoskanne.
"Das ist schon mal was", lobte der Trinkbecher und ergänzte: "Ich kann Getränke in mich aufnehmen und sie in geöffnete Münder kippen."
"Und du Tischklingel, was kannst du?", fragte die Thermoskanne und der Trinkbecher wieder wie aus einem Munde.
"Wenn mich jemand drückt, dann kann ich klingeln", sprach die Tischklingel.
"Das ist ja toll", jubelten die beiden, "wir drücken dich auch, wenn du uns auch mal drückst."
"Das will ich tun", sagte die Tischklingel und lächelte.
"Dann kann's ja losgehen", freute sich der Trinkbecher.
"Genau", setzte die Thermoskanne nach.
"Morgen um acht am Tor zu weiten Welt", entschied die Tischklingel.
"Versprochen", klang es wie ein Satz von Trinkbecher und Thermoskanne.
Und weil sie müde waren, gingen sie zu Bett und träumten von einem neuen Leben in der großen weiten Welt.