"Weiser Mann" Olli Dallilahmer: Alles vergeht

Alles vergeht
Alles vergeht. Der Rasen bleibt.
Wenn der langhaarige Gärtner mit dem Schlapphut und seine erschöpften Gartenzwerge Pause machen, weil der Rücken vom Auszupfen der grünen Widerständler schmerzt, dann kichert die Pflanzenwelt.
Rasen: Das ist keine Anhäufung von Individuen. Das ist eine Kollektivpflanze. Wer Tausende tötet, dem werden Zehntausende nachwachsen.
Nachwachsen und Nachhaltigkeit.
Das haben wir uns doch immer vorgehalten, dass wir nichts nachhalten, weil wir kurzsichtig sind, uns die Weitsichtigkeit fehlt, auch die Einsicht, um vorsichtiger zu werden. Wenn das Essen knapp wird, ist der Rasen immer noch da. Wer ein Kamel ist, kann lange Zeit Wasser speichern, aber auf Essen verzichten wird er nicht dauerhaft können. Wer sich im Kohlessen verliert, der vergisst das Vorhalten: Jetzt Rasen einkellern für schlechte Zeiten. Der Rasen darf nicht mehr die Funktion des unnützen Zierrats haben, darf nicht mehr dem Hobbygärtner dienen, den es nach Rasenmähen hungert. Der Rasen darf nicht mehr Selbstzweck sein.
Er muss dienen. Als Nahrung dienen, wenn Nahrung ausgeht.
Rasen gehört in die Vorratskammer. Nachhalten! Das muss der kluge Kopf den Menschen vorhalten. Abhalten von der Verschwendung, anhalten im Kalorienvampirismus, aushalten, wenn die Sprache Wörter schöpft, die keiner hören will.
So ist das Leben: Was eben noch Schwerpunkt war, kann morgen schon Leichtpunkt sein. Und was das heißt, das weiß ja wohl keiner.
Denn: Was jetzt vielleicht vorgeht, geht morgen schon nach; was auf der Zunge zergeht, das begeht einen Frevel im Magen, auch wenn das niemanden angeht, sich die Jugend fragt, was da abgeht?, sich der Schönling im Bade ergeht und die Schöne am Straßenrand steht, obwohl das niemand versteht, auch nicht der, der darauf steht, und dann eine halbe Stunde ersteht, weil er ... lassen wir das Geplänkel.
Fakt bleibt: Alles vergeht.
Alles vergeht, auch wenn das keiner versteht.