Karl-Friedrich "Khalef" Motzke: Aus meinem Campingtagebuch - 10/ Gäste

Camping ist wie Kino. Der Ton ist manchmal zu leisen. Manchmal Stummfilm in Farbe, auch ein Ding. Benno, nenne ich ihn mal, bekommt Besuch. Ein älterer Mann mit Kappe und Bart, eine jüngere Dame, an manchen Stellen zu gut gepolstert.
Benno kocht. Die jüngere Dame lacht. Vielleicht ist sie die Tochter des Alten mit der Kappe, oder die blinde Freundin. Wohl eher die Tochter. Benno lacht jetzt auch. Er hat vornehm gedeckt. Nicht nur Campinggeschirr, auch richtige Weingläser aus echten Glas.
Es gibt Gegrilltes, was sonst? Benno am Grill: Er tänzelt, mimt den Fünf-Sterne-Koch, dann den Oberkellner im Feinschmeckerlokal. Serviert auf Tablett. Die Dame lacht. Das freut Benno und er macht weitere Scherze. Der Mann mit Kappe lacht leise mit, hustet, kommt kaum zu Wort. Also doch der Vater, oder der Onkel, oder der ältere Freund, den sie bald ablegen wird. Benno tänzelt, bemüht sich um die Gunst der Dame, gießt Wein aus, gießt Wein in sich, schenkt nach und lacht ohne Grund oder über einen Witz, der er macht und für einen solchen hält. Die Gesellschaft entspannt sich. Der Abend senkt sich. Es ist halb elf, der Abend kühl und Camper gehen früh ins Bett.
Der Alte mit der Kappe fährt mit der Dame in einem alten Benz weg; beide wohl nicht mehr ganz nüchtern. Benno bleibt zurück. Er lässt das Geschirr und die Gläser und die Grillreste auf dem Tisch und starrt an die Kunststoffdecke seines Wohnwagens, als er versucht, einzuschlafen.
Was war das jetzt?, fragt er sich und denkt daran, dass er vor einer Stunde noch auf lustig gemacht hat und jetzt nicht einschlafen kann, weil alles so traurig ist. Er dreht sich auf die Seite und der gute alte Wohnwagen wackelt ein wenig, als habe auch er ein Gläschen Rotwein zu viel genommen.