Der bebilderte Mensch im Zeitalter der postmedialen Revolution

Früher schrieb man Postkarten oder seitenlange Briefe, dann wurde das Telefon erfunden und alle dachte: Wie gut, dass niemand meinen Blödsinn aufschreibt, den ich hier rede. Der Anrufbeantworter war Ausdruck der Sprachlosigkeit der Menschen; stereotype Antworten reichten, um ein Gespräch abzuwürgen, das hatte so effektiv noch keine Zeit hingekriegt. Dann brach die Zeit der Handys an und der dazugehörigen Verschuldung bis über beide Ohren aufgrund brutaler Knebelverträge und unüberschaubarer Tarifdschungel. Schließlich bemalten sich die Menschen mit feinen Nadeln, an denen Farbe klebte. Je näher einem das Gegenüber kam, desto mehr gab es zu lesen. Für Analphabeten hatte man sogar Bildchen auf dem Körper und die geheimsten Stellen hatten endlich wieder Überraschungen parat.
Wenn der Mensch ausgelesen war, kam ein neuer. So musste sich niemand mehr langweilen oder peinliche Telefongesprächen führen. Die Bevölkerung aber wuchs und wuchs durch diese Art des Austausches, sodass sich die Menschen immer häufiger auf großen Wiesen und Plätzen versammeln mussten, um überhaupt mal etwas frische Luft zu bekommen. Die war in den Wohnungen bereits weggeatmet. Auf den Wiesen und Plätzen aber konnte man neuen Lesestoff anwerben und sich unterhaltsame Nachmittage und Abende machen. Vielleicht waren die Menschen nicht glücklich, aber sie hatten immer etwas zu gucken.