Winfried Hackeböller: Rostlichtmilieu (2010)

Die Genussschiene fahren
Wenn schon Schiene, dann Genussschiene, sagte Suchtberaterin Meggie zu Suchtberater Thorsten, der sein Nicken verweigert. Fortbildung.
Wenn Rotwein, dann nicht gleich den ganzen Kanister, vielleicht mal nur ein Glas. Genießen ohne Reue eben.
Na, sagt Thorsten, da habe ich dich aber schon anders gesehen. 
Weißt du noch auf der Fete bei Albert? Da warst du ganz schön neben der Spur. Da hast du doch angefangen, dich auszuziehen.
Das war ich nicht, jetzt Meggie. Da musst du mich verwechseln. 
Ich kenn nicht so viele wie dich, ergänzt Thorsten.
Das tut hier nichts zur Sache, es geht um kontrollierten Genuss, um Verhinderung von Sucht.
Die Gruppe schweigt. 
Aha, bemerkt einer leise.
Thorsten errötet.
Ok, ok. Als neben der Spur war das Stichwort, H0 quasi.
Was H0? Was soll das jetzt? Meggie wirkt verspannt.
Eher hysterisch.
Die Sau, denkt Meggie, Thorsten die alte Sau. Heute Abend bleibe ich nicht in seiner 0-Spur, heute Abend geht's an den Kanister.
Wo waren wir stehengeblieben?
Du hast wirklich angefangen, dich auszuziehen.
Mir war halt warm.
Es war auf der Terrasse. 12 Grad höchstens. Und nur, weil der Rudi dabei war.
Du hast doch keine Ahnung. Rudi. Wer soll das denn schon wieder sein?
Mit dem bist du doch dann abgezogen.
Du meinst Benno.
Also doch.
Was, doch?
Du hast dich doch ausgezogen.
Angefangen, angefangen, jetzt bleib mal sachlich.
Die Gruppe schweigt. Betreten.
Ja gut erst mal, fasst Teilnehmer Jürgen zusammen, wann sehen wir uns dann wieder?
Meggie zuckt mit den Schultern.
Thorsten antwortet antwortet leise: Ich meld mich.
Immer lässt er das e weg. Ich kenn dich, ich meld mich. 
Meld dich, sagt Jürgen.
Und immer schön auf der Genussschiene bleiben, lacht Thorsten.
Selber, grinst Bob erleichtert, und vergiss die Meggie nicht!