Angewandte Psychologie: Was sind Sehenswürdigkeiten?

Oma und Opa, mit Enkelin Petra und einer Schubkarre voll mit Paulchen am Rheinufer in Köln, dem Fluss abgewandt staunen sie über Sehenswürdigkeiten; Petra macht sich sogar ein Bild. Der interessierte Mitbürger fragt sich: Was starren die drei, vielleicht sogar auch Paulchen, an und empfinden das Objekt als Sehenswürdigkeit?
Rechts, im Bild nicht zu sehen, ein Bronzebrunnen, der nicht schön, aber deswegen merk-würdig ist; die Damen haben sich in diese Richtung gewendet und scheinen im Anblick versunken und zu kontemplieren. Opa, der Socken und Straßenschuhe zur kurzen Hose trägt, schaut weiter links, eine Kneipe, ein Restaurant, eine Wirtschaft, eine Gastronomie, die Bitburger anbietet. Seine seit 2 Stunden unterdrückten Gelüste lassen sich kaum noch unter Kontrolle halten. Ein Bier muss her! Für Opa ist die Kneipe die Sehenswürdigkeit, denn sie verspricht die Befriedigung seiner primären Bedürfnisse. Er kann zum Bit noch eine Knackwurst oder etwas Salzgebäck, vielleicht sogar einen halven Hahn, der fleischlos ist in Köln, verspeisen. Da wäre Opas Tag gerettet. Aber: Wie sag ich's meiner Frau? Wie verschleiern, dass mich Kultur nicht die Bohne interessiert, wohl aber das, was mir der Bauch sagt: Füll mich! Man soll auf seinen Bauch hören, das sagt Thea auch immer. Sogar Ratten reagieren nicht auf bunte Flecken oder Stromstöße, wenn sie richtig Durst oder Hunger haben, oder sogar beides, sondern kümmern sich nur um Essbares, und das kann bei Ratten allerhand sein; das haben wissenschaftliche Studien ergeben. Eine Frage der Motivation also; Kultur bedeutet dem Satten und Undurstigen etwas; der Bauch kommt vor der Kultur, das wusste schon Brecht sinngemäß. Opa traut sich, denn mit jeder Minute, mit jeder Sekunde werden die Bedürfnisse stärker und schreien nach Befriedigung: Du, Thea, guck mal, da kann man schön in der Sonne sitzen, von da habt ihr auch einen anderen Blick auf den Bronzebrunnen, Petra, da kannst du schöne Bilder machen, vielleicht möchtest du ja ein Eis, einen Kaffee, Thea? Komm, heute gebe ich mal einen aus. Aber, wenn ihr noch weitergehen wollt.....
Die eigenen Bedürfnisse nicht nennen, die der Begleitung hypothetisch auflisten, so tun, als könnten die anderen selbst entscheiden, das führt zum Erfolg, das hilft, das ist angewandte Psychologie. 15 Minuten später kann Opa das erste Bit einfahren und alle sind zufrieden.