Tennis - Ein Sport verkommt

Wenn man das dumpfe Pocken hört, das der Filzball auf der Schlägerbespannung hinterlässt, denkt manch einer mit Wehmut daran, was aus Tennis geworden ist. Früher nannte man es den "weißen" Sport, Männer wie Frauen spielten in blütenfrischer Sportkleidung. Die Damen trugen strahlendweiße Röckchen, die Herren elegante, häufig lange, Hosen. Niemand sah den Menschen an, dass sie Sport trieben, niemand stellte sich vor, dass Schweiß in den Achselhöhlen für Flecken im Hemd und üble Gerüche sorgen würde. Der weiße Sport war Hygiene par excellence. Nichts konnte sauberer sein. Keine marodierenden Fans, die dem Unparteiischen Schläge androhen oder dessen Auto zerstören wollen. Das Bemühen um Eleganz und Rhythmus war erstes Anliegen; verpönt waren orgasmusartiges Gestöhne oder die übereifrige Judorolle, um den Ball noch zu ergattern, weil die Füßen nicht pünktlich aus dem Quark gekommen sind.
Heute kann sich jeder Lackel in Schlabberhose und entsprechendem Sweatshirt auf den roten Platz bewegen; heute kann jeder laut johlen, grunzen, ächzen oder in Tränen ausbrechen. Es kümmert niemanden mehr. Tennis ist Volkssport geworden und passt sich auch optisch der Volksvorliebe in puncto Mode an. Schön ist, was bequem ist. Plastikwäsche und übergroße Baumwollteile, die schnell ausleiern, wirft man sich eilig über den nicht immer durchtrainierten Körper und kaschiert unelegante Bereiche. Die Farbe spielt überhaupt keine Rolle mehr. Ob das T-Shirt zum Rot des Platzes oder zum Gelb des Balles passt - völlig uninteressant. Ästhetik wird ignoriert. Der gestärkte Kragen des Herrentennishemdes und der lenorgespülte, kurze Rock der Dame sind verschwunden. Dazu fehlt die Zeit und die Liebe zum Detail. Jeder drischt seine Bälle übers Netz, Hauptsache der Gegner muss laufen, um den Ball zu holen; die Eleganz einer Sportart für den betuchten Individualisten mutiert zum belanglosen "Ballüberdieleine" für Menschen, die Spaß am Schweißgeruch haben und sich gerne aus der Altkleidersammlung bedienen. Das hat diese Sportart nicht verdient.