Günther Krass: Erinnerungen (3) - 1959 - Am Fuß der blauen Berge

James, sattel die Hühner, wir reiten nach Laramie! Laramie, das war das Schlagwort für den Wilden Westen, für Abenteuer, für ganze Männer. Hier ging niemand ohne Colt im Holster aus, denn jederzeit konnte es nötig sein, diesen zu ziehen und einen der meistgesuchtesten Verbrecher oder einen Schergen des übelsten Großranchers zu erschießen. Aus Notwehr, versteht sich von selbst; ein komisches Greinen an der Theke vor einem Glas Whisky reichte damals schon, um Übeltäter zu identifizieren und anschließend, weil jener sich erkannt fühlte und nervös mit der Hand zum Waffengurt zuckte, mit einem gezielten Schuss wenigstens kampfunfähig zu machen.
Im Dezember 1959 startete die Serie und ich hatte als Fünfjähriger große Schwierigkeiten, Ausschnitte aus dem Film zu sehen. Meistens saß ich unter dem Wohnzimmertisch, wo ich eine geraume Zeit unentdeckt bleiben konnte, und wo ich mich im Notfall, wenn es brenzlig wurde, abwenden konnte. Jesse Harper war der Held, ein ehemaliger berüchtigter Revolvermann, der schon eine ganze Latte an Kerben im Holz hatte, und lebte mit Slim Sherman in einer Männer-WG in einem Haus, das aus Holzplanken zusammengezimmert war. Das Dach des schlichten Domizils war immer reparaturbedürftig, denn Slim war eigentlich ständig auf diesem und nagelt Dachpappe oder andere Materialien an, um den Regen am Eindringen zu hindern. Dabei regnete es überhaupt nicht in Laramie. Nebenbei betrieb Slim eine Pferdewechselstation für die regelmäßig eintreffenden Kutschen der Laramie-Post. Das Fernsehen war schwarzweiß und die Welt, vor allem die amerikanische, war überschaubar. Es gab Gut und Böse, niemand musste sich für Zwischentöne interessieren, und auf die Idee, dass Slim und Jesse eine Beziehung hatten, kam niemand. Der amerikanische Cowboy oder Revolverheld war geschlechtslos, will heißen, er hatte kein Sexualleben: Frauen waren Mangelware, und so musste man sich anderen Aufgaben widmen, die insgesamt hochwertiger waren, etwa das Gute vor dem Bösen zu retten. Die Helden waren immer die Schnellsten, zogen rasant und trafen Stellen, die ein Scharfschütze nicht getroffen hätte; alles aus der Hüfte. Das wirkte elegant, lässig und unglaublich verantwortungsbewusst. Jesse und Slim überlebten immer, sie bleiben sogar unverletzt, sodass Slim weiter Dachpappe nageln und Jesse durch die Gegend reiten konnte, um bei Bedarf zum Haus zu galoppieren und Slim zuzurufen, er möge vom Dach steigen, es sei Not am Mann.
Ich habe viel gelernt damals: Die amerikanische Welt besteht aus Schwarz und Weiß. Der Gute ist der Sieger. Der Sieger ist der Gute. Es geht auch ohne Frauen. Dachpappenageln kann ein Lebensinhalt sein. Das Gute retten auch. Später stellte ich fest, das Amerika aus Schwarzen und Weißen bestand, also aus Bösen und Guten.

Kampfhundbesitzer? ( Freitag 9.5.08)
Hasso, sitz...aus jetzt...sei brav....Platz...nein, der Mann ist nicht aggressiv...nein, ich fühle mich nicht bedroht...Hasso...sitz...Platz...der will nur...hören Sie...nicht bewegen...hören Sie, bleiben Sie ruhig...Hasso, aus!....Brav!....Sei brav!....Aus!....Au!....Lässt du los!?.....Hasso, lässt du den Arm los!Der Mann...nein...aus jetzt!....Hasso!....Bleiben Sie ruhig!...Der will nur spielen....Hasso, spielen, aus!Aus jetzt! Hasso, will nur spielen...Hasso, der Mann will nur spielen!...Schluss!Sitz!Aus!Platz! Hierher!... Gut, dann lauf!....Hasso, fünf Minuten, dann bist du wieder hier!...Hasso!...Hallo, hören Sie mich?...Hallo, was ist los?...Der Hund wollte nur spielen!...Hallo!...Hallo!!...Das Handy!...Hasso! Sitz! Komm zurück, nein, nicht die Frau mit dem Kinderwagen!...Bleiben Sie ruhig! Ganz ruhig liegen bleiben, nicht bewegen! Ich rufe einen Krankenwagen!...Hasso!...Wo ist jetzt mein Handy?...Hasso!...Nein, nicht die Frau, nein, aus, nicht den Kinderwagen!...Hasso, aus!!!...Hasso!...Wo ist jetzt mein Handy....Scheiße...

Georg Krakl: Würfel (Frühlingslyrik, 2001) (Donnerstag, 8.5.08)

werfen kannst du
den würfel
dürfen darfst du
den dürfel
müssen muss
der müssel
rüssen
will der rüssel
schießen schuss
der schussel
düssen dass
das dussel