Fredo pellt ein Ei

Der lange Fredo sitzt neben mir, er, der lange hölzerne Kasper, der alles, was er erlebt hat, in lange Geschichten steckt und mit diesem traurigen Ausdruck schildert, sodass der Hörer Mitleid haben muss; wenn Fredo ein 11jähriger Junge wäre.
Fredo hat sich ein Ei gepellt, ein kaltes, das vom Vortag übergeblieben ist, er hatte eins mehr gekocht, aber nicht gegessen. Denn das sei zu viel Cholesterin, sonntags aber esse er immer ein gekochtes Ei, das sei ein Ritual, ein gekochtes Ei, das er mit Senf würze. An diesem Sonntag habe er zwei gekocht, warum könne er nicht mehr sagen, vielleicht einfach, um diese Geschichte heute hier zu erzählen.
Diese kalten Eier vom Vortag seien wie schlechte Wochenanfänge, als sei man mit dem linken Bein aufgestanden, er wisse nicht warum es Eier gebe, die, nachdem sie gekocht und erkaltet seien, sich nicht pellen ließen. Seine Mutter habe die These aufgestellt, dass es an der zu geringen Abschreckzeit liegen könne, sodass sich die Pelle nicht genügend von der ziwschen Eiweiß und Schale liegenden weißschimmernden Schutzhaut löse. Ein Ei, das sich am Morgen eines Montages, der regulärer Arbeitstag ist und nicht ein Pfingstmontag, denn das gehe gerade so, sei wie der ausbleibende Stuhlgang um sechs, dann wenn die Morgenzeitung seit 15 Minuten im Postfach liege, er diese hereingeholt habe, den Kaffee in der Tasse habe und, jetzt lacht Fredo, zu einer Geschäftsitzung aufbrechen wolle, aber in der Sitzung der Stuhlgang, wie gesagt, Fredo deutet nur ein Lachen an, eher seufzt er gequält, dieser ausbleibe.
Der Tag ist gelaufen, so wie das Eigelb ausgelaufen ist.
Erst reiße die Schale nämlich nicht nur die weißschimmernde Haut mit sich, sondern auch eine etwa 2 mm dicke Eiweißschicht, die stellenweise noch dicker sein könne, sogar drohe das ganz Ei zerrissen zu werden und, von ungeschickten Fingern zerquetscht, auf die Spüle zu fallen. Eigelb lasse sich nur schwer wieder entfernen, besonders wenn es bereits hart geworden sei, das müsse man, Fredo lacht eher ärgerlich, förmlich abmeißeln, auf jeden Fall mit einem scharfen Messer oder Spachtel abschaben. Und dieser Morgen, heute, der heutige Morgen, sei so ein Morgen gewesen, so ein Jahrhundertmorgen im negativen Sinne, der letztendlich die Woche verdürbe, nichts habe noch Sinn nach einem solchen Erlebnis. Vielleicht solle man überhaupt auf den Konsum von Eiern verzichten, was denn der Ethikrat dazu sage, immerhin sei das ja eine Art Abtreibung. Ungeborenes Leben sei doch schützenswert. Da rege man sich auf über alkoholisierte Landesbischöfinnen, als hätten die nicht auch ein Recht auf einen Vollrausch, aber die Tierwelt bleibe mal wieder außen vor. Ja, außen vor. Fredo klagt leise. Der Raum hat sich geleert, denn jeder hatte plötzlich irgendetwas entdeckt, das es noch zu erledigen gab.