"Weiser Mann" Olli Dallilahmer: Gartenpfostenmeditation

Die Zeiten sind unruhig, die Banken crashen, die Schulden wachsen, die Manager kassieren weiter ab. Das bewegt uns, macht uns unruhig, erhöht die Hektik unseres Alltags. Wir bekommen kein Stück vom großen Kuchen ab, weil wir zu bescheiden sind. Big Jo Ackermann wird zur Schablone für die Ethik unserer Zeit; das alles muss uns fern bleiben, denn wir leben nicht in dieser Kaste. Was bleibt uns, den Leuten mit dem kleinen Geldbeutel, denen keine Yacht gehört, die nicht von Angela Merkel eingeladen werden und noch dreißig weitere Gäste mitbringen dürfen? Wir können zur Ruhe kommen, können uns monoton vorsprechen, alles sei gleichgültig, im Sinne von gleich gültig, und nichts könne uns tangieren, weil wir in uns selbst ruhten. Die Bilder von großen Villen, fetten Autos, mächtigen Motorbooten und Shopping-Tours nach New York ziehen vorüber, wir halten sie nicht fest. Sie bedeuten uns nichts. Wir wenden unseren Blick nach unten und entdecken die drei Gartenpfähle, die zusammenstehen, wie eine Gruppe, wie Freunde, wie Menschen, die füreinander da sind. Wir halten unseren Blick und nehmen auf, was uns gegeben wird: Die Dreisamkeit, das Dreisein, das gleich nach dem Zweisein und dem Einssein kommt. Das Dreisein als Vorstufe für den Weg in die Erlösung, Einssein mit dem Universum. Dreisein ist wie Dabeisein. Wir werden ins Glück gehen, der mammonabhängige Broker landet in der Qual des inneren Feuers, das ihn verzehrt; da kann er noch so lange auf dem Dickschiff in der Sonne brutzeln und Schampus schlürfen. Wir spüren, wie die drei Gartenpfähle das Üble in uns lösen, es abschälen, dass es ausgeschwemmt werden kann und uns frei macht für das Gute. Ein gutes Gefühl steigt in uns hoch, wir ahnen, dass wir auf der richtigen Seite sind, wir haben vielleicht nicht so viel Spaß, aber wir haben die Moral, wir werden schließlich sagen können: WIR haben es immer gesagt. Was auch immer.
Langsam lösen wir uns von dem Bild der drei Gartenpfähle und kommen zurück in die Wirklichtkeit. Die Staatsverschuldung ist in der Zwischenzeit um 103 000 Euro gestiegen.
Vielleicht bleiben vom Kuchen doch ein paar Krümeln übrig, nur so für den Geschmack.