Mit dem überlangen Buli in der Stadt

Ein richtiger Landmann ist er nie gewesen, auch wenn er vor vielen Jahren auf dem Dorfe geboren wurde. Bodo ist eine Hausgeburt und wohnt jetzt zum dritten Mal in der Stadt. Ob er dahin gehört oder doch aufs Land, weiß er nicht so genau. Immer wenn er einen wohnungsnahen Parkplatz sucht, wünscht er sich auf den großen gepflasterten Hof von Frizz zurück, dahin, wo er direkt vor der Haustür parken kann. Tür auf und schon steht Bodo vor der Haustür.
Das ist jetzt anders. Er ist bereits die Straße einmal abgefahren, erfolglos wie häufig und hat sich in die Seitenstraße gequetscht, da wo auf beiden Seiten geparkt wird und wo ihm lieber kein anderes Fahrzeug entgegenkommen sollte. Er schließt dann beide Augen und hofft auf die wuchtige Erscheinung seines California Clubs mit Überlänge, die den Gegner zum Verharren hinter einem geparkten PKW oder in einer anders gearteten Lücke, wie etwa einer Garageneinfahrt zwingt. Ein Buli mit Überlänge ist Macht in der Stadt. Auf dem Lande belächelt der Treckerfahrer, der auf das bemooste Dach in 2 Meter siebzig Höhe blickt, ein derartiges Gefährt und gibt Gas, um zeigen, dass auch Trecker Tempo 80 in einer Ortschaft fahren können.

Überlänge! Wie kann man in der Stadt einen Buli mit Überlänge fahren? Ein normal langes Auto ist ja schon schwierig unterzubringen. Wenn dann Parklücken frei geworden sind, so meistens durch Autos, die die Parklücke sowohl längs als auch quer benutzen konnten. Lächerlich, diese Blechwürfel, vor denen man steht und nicht weiß, wo man einsteigen muss. Trotzdem: Das Problem der Überlänge bleibt. Es ist hart, um freie Plätze zu wissen, aber nicht hineinzukönnen. Wegen Überlänge. Dabei verknüpft man diese Eigenschaft doch in anderen Bereichen mit Positivem. Die Anfangszeiten eines Filmes mit Überlänge werden sogar extra geändert. Beim Parken ist Überlänge von Nachteil. Bodo nimmt Maß, er ist neben eine Lücke gefahren, die aussieht als könne sie den Buli aufnehmen, könnte knapp werden, aber mit etwas fahrerischem Geschick, das Bodo je nach Tagesform besitzt, wäre es möglich, den stattlichen Wagen dort abzustellen. Bevor Bodo nach vorn setzt, um Maß und Anlauf zu nehmen, entdeckt er die abgesenkte Bordsteinkante und ein kleines, verwittertes Schild: Einfahrt freihalten! und wünscht sich zähneknirschend eines dieser Automobile, die gerade das doppelte Volumen seines Körperinhaltes umfassen, in denen man keine Suppe kochen kann, in denen keine Kaltgetränke gelagert werden können, in denen ein Sakko nicht knitterfrei und mottensicher jahrelang aufbewahrt werden kann, in denen man nicht in Höckergrabstellung sein Butterbrot essen muss und auch nicht bei jeder Bodenwelle das Dachblech ausbeult, aber in denen man in diese, ganz speziell diese Parklücke passt.
Bodo gibt Gas und sucht weiter. Manchmal ist ihm das Glück hold, und ein genervter Konsument hat seinen Stadtbummel beendet und sucht nun das heimische Weite auf dem Lande. Je nach Wagentyp kann er dann dessen Parklücke übernehmen. Aber eben nur manchmal: Der Autofahrer hat längst seine Vorliebe für diese herrlichen, dekadenten amerikanischen Straßenkreuzer aufgegeben, sich am kurzen Kleinwagen orientiert und arbeitet nun in immer kürzer werdenden Fahrzeugen, die aber mit jedem Jahr an Höhe zunehmen. Autos, deren Höhe die Länge fast übersteigt, in die man fast aufrecht stehend einsteigen kann. In denen man als Fahrer fast einen Stehplatz hat! Wie schön die Zeit der Straßenkreuzer, die in ihrer Länge etwa der des Bodoschen Bullis entsprachen. Da war es noch ein Vergnügen, eine freigewordenen Parkstelle, zu okkupieren, zu besetzen, zu bestellen. Da hätte Bodo sich breit machen können, lang machen können. Jetzt nutzt auch Zusammenkauern nichts, der Bulli blieb groß und überlang.