Grundbedürfnis der Männer: Händchenhalten


Händchenhalten unter Männern galt jahrhundertelang als verpönt und wurde zwischenzeitlich geächtet. Männern, die sich öffentlich des Händchenhaltens hingaben, wurde ein strafbares Gefühlsleben attestiert und man drängt sie in die Schmuddelecke, wo sie sich mit Kartenspielern und Alkoholikern die Zeit vertreiben sollten, ohne dem braven Bürger ins Auge zu fallen.
Dabei ist Händchenhalten eine Geste der Zuwendung, des Trostes, der Hilfe, ja der selbstlosen Liebe, die den anderen und dessen Bedürfnisse endlich einmal ernst nimmt. Selbst der Wissenschaftler Lichtenberg soll sich früher dieser damals unzeitgemäßen Freizeitbeschäftigung hin, die soviel Gutes schaffen konnte. Die Sache mit den Bedürfnissen hatte dieser sagenumwobene Lichtenberg (der passend dazu seine Sudelbücher schrieb, um das gemeine Volk und dessen Vorurteile zu bedienen) erfunden, und fragt man heute einen Mann nach seinen Bedürfnissen, so sagt er erst mal gar nichts, weil er nicht gewohnt ist, gefragt zu werden und über eine Frage nachzudenken; dann kommt zögernd "Ein Bier vielleicht?" und schließlich bricht es aus ihm heraus, verhalten, aber doch mit großer Kraft: Händchenhalten. Der Fragesteller versucht meistens, ein Lachen zu unterdrücken und lässt den Befragten hilflos zurück. Zeugnis einer unentwickelten Kultur, die das Grundbedürfnis der Männer nicht ernst nimmt, sondern weiter darauf beharrt, Händchenhalten sei Sache der Frauen. Dabei ist deren Thema das Däumchendrehen oder das Bügeln von Unterhosen, was eine absolut überflüssige Tätigkeit ist und reine Energieverschwendung darstellt. Bis sich das Händchenhalten für Männer als Grundbedürfnis durchgesetzt hat, wird wohl noch einige Zeit ins Land gehen.