"Weiser Mann" Olli Dallilahmer: Eiskugelmeditation


Mit Andacht essen ist gut; wie wenig hilft es der Welt, wenn Currywürste und Döner mit gierigen Bissen zerkleinert und hektisch heruntergeschluckt werden, nur um das profane Hungergefühl zu betäuben, um schneller zu sein als der Nachbarm, der vielleicht die minderwertige Nahrung vom Teller stiehlt, um sie sich selbst einzuverleiben. Schnelles Essen ist Egomanie. Bloß nichts abgeben, alles alleine haben wollen! So denkt und funktioniert der Alltagsmensch, dem der eigene Bauch näher ist, als die Hüftrolle des Nachbarn. Und dann in der Menge der Schlingenden: Der Pilger! Andächtig hält er seine Nahrung vor die Stirn. Er dankt dem Universum, er dankt allen Wesen, Tieren und Pflanzen, die ihm Nahrung sind; er hält inne, hat Zeit sich zu besinnen, er respektiert das Große und Ganze, in dem der kleine Mensch versinkt, in dem er wie ein Tropfen im Ozean ist. Das Profane wird bedeutungslos; die Nahrung wird geheiligt.
Immer tiefer versenkt er sich mit jedem Tropfen des geschmolzenen Schokoladeneises, der auf den Boden oder die Goretex-Wanderhose tropft. Der Pilger weiß um die Bedeutung seines Opfers für die Schwingungen der Welt, er weiß darum, dass er dem Guten hilft, dass er einen Teil seiner Nahrung opfert, symbolisch, um den Unfrieden, den die Schnellesser und Schlinger, die armen Schlucker eben, mit jedem Hamburger, mit jedem Schnitzel, mit jeder Bockwurst stiften, zu begegnen und in Harmonie zu verwandeln.
Wenn der Pilger zurückkehrt in das Hier und Jetzt bleibt ihm ein braunes Muster der süßen Tropfen auf dem Boden oder vielleicht sogar auf der Hose. Er weiß, dass es gut ist, so gehandelt zu haben, sich in der Masse zurückzuziehen in sich selbst und Kontakt aufzunehmen mit den Wesen einer höheren Welt, um unerkannt zu helfen. Wanderer hinterlässt keine Spuren, mag ein wahrer Leitsatz der Wissenden sein. Manchmal muss aber auch eine Ausnahme gemacht werden, wenn es der Sache dient.