Hämorrhoiden oder Hämorriden?

Vor der Reform der Rechtschreibung waren Hämorrhoiden tabu. Die Leute konnten das Wort nicht schreiben, also wurde es auch nicht geschrieben. Darüberhinaus befanden sich die Objekte in einem Bereich, der nur hinter vorgehaltener Hand besprochen wurde, in einer Tabuzone, die seit der Erfindung der Unterhose unter dem Oberbegriff "unaussprechlich" zu finden war. Wenn dann doch gesprochen wurde, so sagte man Hämoritte, vielleicht assoziierte der Hörer die freundliche Margaritte und konnte dem Sprecher den Tabubruch verzeihen. Dadurch dass niemand die Krankheit bzw. die Protagonisten dieser aufschreiben konnte, erhielt das Ganze eine Art Glorienschein, eine Form der Mystifikation lief ab, es erhielt etwas "Unbeschreibliches". Dann kamen die forschen 90er-Jahre und das noch forschere 2.Jahrtausend. Erst die Rechtschreibreform: Die Hämorrhoide wurde ganz legal zur Hämorride, immerhin noch rechtschreibtechnisch schwierig, weil mit zwei r, und entledigte sich ihrer Heiligkeit, wurde quasi profan, bürgerlich, nein, trivial, und schließlich entblödete sich eine schreibende Frau nicht, darüber ein Buch zu verfassen, in Romanform auch noch, und nötigte die Bürger, dieses zu kaufen, in einer Menge, dass es auf die ersten Plätze der Bestsellerliste schnellte, und nötigte sie weiterhin, die vorgehaltenen Hände herunter zu nehmen und zu schreien, einfach weil niemand hinter dem Trend herhinken wollte, zu schreien, wenn der Beflüsterte nach dem Wo fragte: Am Arsch! Mit dieser Ausdruckweise lag der oder die Schreiende natürlich im Trend, spätestens seit der Hobbythek zum Thema Bauch, Darm und Hintern, und bewertete gleichzeitig das Gelesene, um weiteres Interesse zu wecken und den Kaufanreiz für das Pamphlet zu steigern. Alles nur wegen der Rechtschreibreform.