Tod eines Kritikers


Martin Walser hat eine Art Krimi geschrieben, er hat seinen Hass auf Leute kompensiert, die seine Bücher verrissen haben, die ihn einen echten Langeweiler genannt haben, und ihm ist hier ein Husarenstückchen gelungen: Genau so ein Buch, wie es die Kritiker immer wieder bekrittelt haben, ist ihm gelungen. Es ist kein Krimi, sondern eine Art Enthüllungsgeschichte. Der Literaturbetrieb wird kritisch betrachtet und beschrieben, wir erfahren endlich, was hinter den Kulissen passiert und warum die größten Langeweiler echte Bestseller schreiben können. Unter diversen Pseudonymen werden die unterschiedlichsten Charaktere vorgeführt, wir vermuten diesen und jenen, aber beweisen können wir nichts, alles ist Fiktion. Vielleicht wollte sich Walser an Elke Heidenreich rächen, die das Buch "Die Wand" so hochgelobt hat, dass es massenhaft verkauft wurde. Jeder, der es sah, las es, nur um rauszufinden, ob es wirklich so stinklangweilig ist, wie man munkelte, und jeder konnte erleben, wie der Betrieb funktioniert: Da muss nur eine Vielleserin ein paar kryptische Kommentare abliefern und schon steigt ein Stern auf am Nachthimmel der Schreiberlinge. Literaturpapst Reich-Anwitzki bekommt sein Fett ab und irgendwie hat der Leser am Ende das Gefühl, dass überhaupt keiner tot ist und dass auch gar keine Spannung in dem Buch war, wie sich das für einen Krimi eigentlich gehört. Das Buch hat eher etwas Meditatives. Nach einer halben Seite senken sich die Lider und der Kopf sackt zur Seite. Der Leser ist eingeschlafen und träumt vom langweiligsten Tatort aller Zeiten. Noch mal: Tot ist keiner, was ja auch schön ist, spannend ist auch nichts, was immerhin langweilig ist, und da freut es den Verbraucher, wenn er das Buch als Remittendenexemplar für € 2,95 gekauft hat; das sind immerhin satte 6 €, die dem Sparbuch oder einem gemeinnützigen Zweck zufließen können.