"Weiser Mann" Olli Dallilahmer: Hölle, Hölle

Hölle, Hölle, Hölle!, dringt es aus dem Lautsprecher und vor unserem geistigen  Auge schüttelt Wolle Petry seine Freundschaftsbänder, die er  selbst beim Duschen nicht ablegt. Wir Hörer hüpfen und singen mit, ohne uns Gedanken darüber zu machen, welche gefährliche Botschaft der Schlagersänger leichtferig ins Volk posaunt. Ist uns nicht immer gesagt worden, dass das Paradies das Erstrebenswerte sei, dass wir ein gutes Leben führen sollen, dass wir Gutes tun möchten und uns schon einmal das Leben nach dem Tod vorstellen dürfen: Großen, grüne Liegewiesen, auf denen wir verweilen, in weite, weiße Gewänder gehüllt und friedlich lächelnd, uns an Milch und Honig labend und auf den nächsten Tag wartend, der so sein wird wie der heutige, und das eine Ewigkeit lang? Wir haben keine Not, keine Krankheiten, keinen Hunger, wir nehmen nicht zu und nicht ab, die Haut bleibt immer jung, sodass wir uns nicht mal eincremen müssen. Was will der gute Mensch mehr?
Und dann die Botschaft: Hölle, Hölle, Hölle! Die gar keine Botschaft ist, nur die dreimalige Nennung eines Substantives! Und trotzdem hüpft alles mit und schreit den Kehrreim aus dem Körper heraus, dass die Seele fast mitfliegt. Und das ist wohl auch die Absicht des Bösen, der sich diese schnappen und seiner Großmutter schenken will, die daraus ihren allseits geschätzten Seelentröster mixt. Hinter der Botschaft lauern unausgesprochene Versprechen, die Menschen, die den breiten Weg der Verdammnis eingeschlagen haben und den steinigen verweigert haben, verlockt, sich glücklich zu schätzen, nicht ins Paradies zu kommen.
Paradies ist langweilig, hört man sagen. Hölle, da geht die Post ab, das ist Farbe drin, Schwarz und Rot, und die Hölle ist heiß, alle sind nackt und tragen Tüten über den Köpfen, damit man nicht weiß, mit wem man es zu tun hat. Da kann man richtig einen rund machen, mal auf den Putz hauen, dass die Diskokugel wackelt!
Den guten Menschen tut das Herz weh bei soviel  Oberflächlichkeit. Das weiße Gewand will ein wenig kratzen, aber bedenket: Nur schlechte Menschen kommen in die Hölle, und wer will schon auf seinen Finanzberater treffen?
Ein Trost den Verunsicherten: Es gibt auch eine Hölle auf Erden, und die muss wohl jeder durchschreiten.