Loslassen können - oder nicht?

Wir haben gelernt: Wenn du an der Dachrinne hängst oder dich über einem Abgrund an ein einsames Enziangewächs gekrallt hast: Nicht loslassen! Wer weiß, wo du landest? Der Esoteriker weiß es besser: Lass los, damit du frei wirst. Superidee! Wenn ich in den Abgrund stürze, kann ich einen Moment wie ein Vogel, so frei, fliegen. Allerdings nur nach unten. Mit dem Landen werde ich es dann nicht so haben; da ist der Vogel dem Menschen um Einiges voraus, weshalb er das Fliegen dann immer wieder üben kann. Das geht uns Menschen ab. Wir landen nur einmal. Wenn ich die Dachrinne loslasse, treffe ich vielleicht auf das Sprungtuch der Feuerwehr oder die Dachrinne hängt im Erdgeschoss und ich stehe direkt über dem Rosenbeet, sinniert der tiefgründig Denkende, der esoterisch Angehauchte. Mundkeule!, schreit der Realist. Sicher ist sicher! Ich lasse nicht los, was will ich denn im Sprungtuch der Feuerwehr? Neue Menschen kennen lernen? Da gehe ich doch lieber zur nächsten Übung oder zum Kreisfeuerwehrtag. Loslassen lohnt nur, wenn man das, was man festhält, nicht mehr haben will. Und wer will das schon? Also - ich meine, das muss doch jeder selber wissen.