Leben mit Prognosen: Der Kaffeesatz

Früher belächelt, im Zuge der Teilchen-Physik immer wahrscheinlicher: Lebensprognosen aus dem Kaffeesatz.
Damals hielt man jedes Wortgebilde, in dem die Buchstabenfolge KAFFEE vorkam, für einen Kaffeesatz, heute ist man sensibler. Das sich am Boden Abgesetzte ist Hilfe für einen Orakelspruch, der das Leben entscheidend beeinflussen kann. Der Schamane wühlt in Eingeweiden frisch getöteter Rinder, um den Weg ins gepriesene Land zu finden, der Hobby-Wahrsager tut es lieber ohne Blut. Was soll man auch sonst tun, wenn in den Büro- und Amtsstuben der Kaffee ausgetrunken ist? Die Wand anstarren oder den Bleistift spitzen und anschließend auf den sogenannten Publikumsverkehr warten? Dazu müsste man erst das "Geschlossen"-Schild umdrehen. Also saugt man die letzten Reste aus der Tasse, damit ein brauner Kaffeemehlhaufen übrig bleibt. Den stürzt man auf den Aktendeckel und kann mit dem Lesen beginnen. Was will uns der braune Haufen sagen? Was bringt die Zukunft? Sätze wie "Morgen bleibt die Küche kalt" oder "Keine Ahnung" sind keine Seltenheit, aber auch schwer zu deuten. Entscheidend ist, wie auch unsere Altvorderen wussten, was mit diesen Sätzen anzufangen ist. Erst dann kann sich ein sinnvoller Lebensplan entwickeln. Morgen koche ich also nicht und von den meisten Dingen habe ich sowieso keine Ahnung. Damit lässt sich doch schon was anfangen, wenigstens bis morgen.