Andi Doth: Sind Fußgänger denn blöd?

Man denkt: Wie fürsorglich! Wie verantwortungsbewusst! Da hat die Stadtverwaltung ein Schild aufgestellt, das Fußgänger warnt, diesen Weg zu benutzen, da er überflutet ist. Lug und Trug sind die Techniken unserer Zeit. Von der Publikumsverarschung im Fernsehen über die Rechtschreibprobleme der Tageszeitung bis in die Etagen der Schreibttischschläfer muss sich der Bürger zunehmender Tendenzen erwehren, ihn für blöd zu verkaufen.
Das Warnschild ist nicht Ausdruck der Sorge um den Bürger, nein, es ist Anlass der Erheiterung auf den Schreibstuben. Vielleicht ist hier eine versteckte Kamera installiert, um live mitzuerleben, wie der Fußgänger, der sich an Verbote und Gebote halten will, weil er guter Bürger sein will, in das Nass begibt, um zu entziffern, was auf der Tafel steht. Wenn er dann hüfthoch vom verseuchten Flusswasser umspült wird, erkennt er den üblen Trick auf den zweiten Blick: Nicht in den Fluss gehen, du Blödmann! könnte auf dem Brett stehen. Kleingedruckt: Ist jetzt sowieso zu spät. Ab nach Hause und umziehen, sonst gibt es eine Blasenentzündung! Die Schreibstube liegt vor Lachen platt und kommt mal wieder nicht zum Arbeiten. Wer reguliert den Schaden? Natürlich der Bürger, der für den Spott einmal nicht zu sorgen hat; das übernimmt die Verwaltung. Arbeitsteilung, denkt der naive Bürger und ergänzt dann doch scharfsinnig, die haben ja sonst vielleicht nichts zu tun.