Nicht eingebaute Kirchenfenster (1): Neo Schmauch - Tulle rettet die Welt

Neo Schmauch: Tulle rettet die Welt (2013)
Da hatte sich Schmauch wieder verkalkuliert. Mal gerade ein  Kirchenfenster konstruieren und sich eine Geschichte ausdenken, die passen könnte. "Der 'Eilige Tulle' rettet die Welt", das könnte hinkommen, hatte Schmauch gedacht. Alles war bedrohlich, die Wolken standen tief und dunkel und dann wäre Tulle gekommen und hätte durch ein paar weise Sprüche dem Ganzen eine fröhliche Wendung gegeben. Die fröhliche Wendung wollte er dann zeigen, weil er noch so viele bunte Farben überhatte.
Domkapitulent Rolf aber hatte angemerkt, dass es in keiner der anerkannten Schriften der großen Religionen überhaupt einen Tulle gegeben habe, und so musste Schmauch von seinem Projekt Abstand nehmen. Viel Arbeit war es nicht gewesen, die Scherben zusammenzustellen, aber schade war es doch, denn das Fenster wäre ganz schön bunt geworden. Gerade in Kirchen neigt man ja immer wieder dazu,  dezente Töne zu wählen, damit der Kirchgänger nicht in seiner Andacht gestört wird, der dann aber häufig einnickt, weil der Prediger immer so beruhigend ins Halbdunkle spricht.
So ist das nunmal: Grelle Töne und ein bizarres Arrangement reichen nicht, um in einem Sakralgebäude aufgehängt zu werden. "Der Eilige Tulle" klingt zwar ganz nett, aber wirklich adrett ist das nicht. Etwas mehr Leiden hätte es schon sein dürfen und auch mal ein trauriges Gesicht, denn immerhin hatte es gegolten, die Welt zu retten.
Wer will schon gerettet werden, wenn es ihm gut geht?