Wenn man Kunst nicht verstehen kann...

Kunst kommt von Können, meinte unser gehasster Kunstlehrer Schnogel, der immer die Größeren bevorzugte, die schon Flaum unter der Nase hatten, und uns kleine Vorpubertierende wie nasse Pudel behandelte, die man ignorierte oder mit denen man höchstens den Boden wischte. Wer nichts kann, kann keine Kunst können, war die konsequente Weiterführung des Gedankens, oder: Kann doch jeder! Das konnte nie Kunst sein, was jeder konnte. Das ist doch keine Kunst!, wenn ein Schulkamerad einen Popel an das Tischbein des Nachbarn schmierte. Das ist kein Kunst!, schrie der Nachbar noch lauter, und er meinte in Wirklichkeit: Du widerliches Schwein! Normalerweise frisst du die Dinger doch!
Wir Kleinen hassten den Kunstlehrer Schnogel für die verwirrende Welt der Kunst, in der wir umherirrten, immer auf der Suche nach dem Können, immer auf der Flucht vor dem Nichtkönnen. Gelernt haben wir nichts dabei. Oder doch: Was Kunst nicht ist, das wissen wir jetzt ein Leben lang, die wir endlich groß sind und Vollbärte tragen, in die wir, wenn wir einen verdreckten Raum in einer Galerie oder einem öffentlichen Gebäude sehen,"Das ist doch keine Kunst, das kann doch jeder" nuscheln.
(Foto: Ein Beispiel für "Keine Kunst")