Gedichte mit Abfall drin: Georg Krakl - Pfingstrose und der Osten (2014)

Roy Lichtendorf: Phingstrhose (2014)
In meinem Beet
hat eine Pfingstrose
beigedreht.

In jenem Fleet
liegt eine Zingstdose,
wie ihr seht.

Das Fleet ist fern,
das Beet so nah mir wie der frische Morgen.
Ich hab' die Rose gern.
Die Dose sollte man entsorgen.

Das Verwachsen von Ost und West ist noch nicht abgeschlossen.
Krakl zeigt in seinem Endreim-orientierten Drei-Strophler die Narben.

Hier die Idylle der Heimat, symbolisiert durch das Beet, dem sich eine Pfingstrose, Symbol der Schönheit, vielleicht der Liebe, genähert hat, nein,die sogar beigedreht hat, wahrscheinlich um zu verweilen, weil es so schön im Beet ist.
Aus nautisch-maritimer Sicht ist dieser Vorgang allerdings schwierig, er ist wohl eher eine Allegorie, die die Vereinigung des Schönen und des Verweilens für eine gewisse Zeit darstellt. Einen immanent sexuellen Farbton über die Wörter Beet und Bett kann man wohl ausschließen, hier bleibt es bei der naiven, unschuldigen Gefühlslage.

Dort der graue und brackige Alltag im Fleet.
Der Kontrast. Ein Fleet, mit dem man eine dunkle Brühe assoziiert, Brackwasser, in dem niemand freiwillig schwimmen will.
Eine Zingstdose in ihm. Zingst als Beispiel für die Verwüstung des Osten, in dem das Krebsgeschür Tourismus -siehe das Steigenberger - die gesunden Zellen auffrisst.

"Wie ihr seht" - So spricht  Krakl den Leser an und will ihm zeigen, dass er nämlich nicht  sieht. Denn sonst hätte er es längst gesehen und aufgeschrieen ob der monopolkapitalistischen Vergewaltigung einer unberührten und unterbeleuchteten Provinz.
Das Fleet ist ihm fern, dem lyrischen Ich, oder dem Krakl, das weiß man nicht.
Er bleibt daheim im Beet, wo die Pfingstrose angedockt hat. Romantik pur.
Dort dümpelt die Zingstdose. Krakl drückt mit diesem Neologismus aus, was die Volksseele längst spürt: Der Osten wird eingedost und auf den Markt geworfen, leergesoffen wirft man die Verpackung, die den Schein symbolisiert, dem wir erlegen sind, ins Fleet, ins Brackwasser. Asche zu Asche, Müll zu Müll.
"Die Dose sollte man entsorgen" - Krakls letzter Appell. Wenn der Osten noch zu retten ist, dann durch Recycling. Die blühenden Felder sind abgemäht, die weißen Tauben sind taub. Was Politik in Jahrzehnten nicht gelungen ist, formt sich hier als Appell:
Müll - Macht was draus! Könnte man das Gedicht übersetzen.
Aber vielleicht ist das auch gar nicht gemeint.